Frösteln in der Ludwigskirche: Ein-Euro-Jobber führt Aufsicht

Saarbrücken · Der Ein-Euro-Jobber Matthias Engesser stellt nun sicher, dass die Ludwigskirche, eines der Saarbrücker Wahrzeichen, für Besucher wieder geöffnet ist. Bald sollen ihn Ehrenamtler bei der Kirchenaufsicht unterstützen.

Die Saarbrücker Ludwigskirche leuchtet blau. Foto: Becker & Bredel

Die Saarbrücker Ludwigskirche leuchtet blau. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Der neue Mann mit Schlüsselgewalt in der evangelischen Ludwigskirche, dem barocken Wahrzeichen Saarbrückens und des Saarlandes, friert. "Hier drinnen ist es noch ein wenig kälter als draußen", sagt Matthias Engesser, 53. Der Ein-Euro-Jobber sorgt jetzt dafür, dass die Ludwigskirche von Dienstag bis Sonntag jeweils von 11 bis 17 Uhr für Besucher geöffnet ist. Nach dem Wegfall der Bundesmittel für die sechs Bürgerarbeiter, die bis Ende 2014 die Aufsicht im Gotteshaus aus dem 18. Jahrhundert hatten, war die Ludwigskirche außerhalb von Gottesdiensten und Konzerten geschlossen. Besonders Stadtführer und Tourismusorganisationen waren verärgert, dass die evangelische Kirchengemeinde Alt-Saarbrücken, zu der das Kulturdenkmal gehört, zunächst keine Öffnung organisieren konnte.

"Das Diakonische Werk ist der Träger, das Arbeitsamt bezahlt", sagt Engesser, der ein Ludwigskirchen-Profi ist, da er bereits zwei Mal auf jeweils ein Jahr befristete Ein-Euro-Jobs als Aufsicht im schönen Gotteshaus innehatte. Engesser hatte in den 1980er Jahren Fotograf gelernt, jedoch nie in diesem Beruf gearbeitet. Zwischen befristeten Anstellungen hatte er auch einen Laden für Lenkdrachen in St. Wendel betrieben. Zuletzt arbeitete der Saarbrücker als ehrenamtliche Küchenhilfe im Café Jedermann im Nauwieser Viertel.

Engesser sitzt vor zwei elektrisch betriebenen mobilen Heizgeräten. "Die heiße Luft steigt gleich nach oben, viel bringt das nicht", sagt der Hartz-IV-Empfänger, der für seinen Aufsichtsjob in der evangelischen Kirche 120 bis 130 Euro im Monat erhält. Engesser freut sich schon auf die Ehrenamtler, die bald mit ihm Dienst tun sollen. Denn am 3. März lädt die Kirchengemeinde um 17 Uhr in die hölzerne Notkirche ein, um dort für die Beteilung von Freiwilligen zu werben, die eine dauerhafte Öffnung der Ludwigskirche ermöglichen sollen.

"Wenn auch andere Aufsichtspersonen da sind, ist es nicht so langweilig", sagt Engesser schmunzelnd. Am Dienstag waren 45 Besucher da, am Mittwoch 32, alle vermerkt auf Engessers Strichliste. Als die SZ am Donnerstagnachmittag zu Besuch ist, schaut auch ein weiterer Gast herein. "Ich komme aus Mainz, mein Lehrgang dort war schon um halb zwölf vorbei. Und da wollte ich doch mal das Bauwerk im Saarland sehen, dass auf dem Zwei-Euro-Stück drauf ist", sagt der 60-Jährige. Kein schlechter Grund, die Saarbrücker Ludwigskirche zu besuchen. Dass er Glück hatte, nicht vor verschlossenen Kirchentüren zu stehen, war dem Mann sicher nicht bewusst.

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