Freispruch wegen Unkenntnis von Urkundenfälschung

Saarbrücken. Vor dem Landgericht nahm kürzlich die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gegen den Freispruch eines Angeklagten zurück. Der Deutsch-Russe (35) hatte wegen Alkohol am Steuer seinen Führerschein verloren. Nach der Sperrfrist konnte er nur dann einen neuen Führerschein erhalten, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung stellt

Saarbrücken. Vor dem Landgericht nahm kürzlich die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gegen den Freispruch eines Angeklagten zurück. Der Deutsch-Russe (35) hatte wegen Alkohol am Steuer seinen Führerschein verloren. Nach der Sperrfrist konnte er nur dann einen neuen Führerschein erhalten, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung stellt. Diese Untersuchung ist landläufig als "Idiotentest" bekannt. Das Gutachten legte er auch der Führerscheinstelle vor - aber es war eine Fälschung, wie der aufmerksame Sachbearbeiter bei der Neunkircher Behörde bemerkte. Ein Landsmann aus Baden-Württemberg hatte für 2000 Euro das falsche Dokument besorgt, ausgestellt vom TÜV Nord in Paderborn. Der Mittelsmann nennt sich "MPU-Berater", und ist inzwischen vom Landgericht Heilbronn wegen des Handels mit gefälschten Gutachten zu fünf Jahren verurteilt worden. Gegenüber dem Angeklagten aus Neunkirchen gab er vor, Beziehungen zum TÜV Nord zu haben, dort stelle man Gefälligkeitsgutachten aus. Auch gebe es dort Dolmetscher, die ihre Übersetzungen so einrichteten, dass die Antworten stets "richtig" seien. Also fuhr der Angeklagte nach Paderborn - und bekam ein negatives Gutachten. Als er sich bei seinem Gewährsmann beschwerte, meinte der, er solle ihm das Gutachten zurücksenden, da sei wohl etwas in Paderborn falsch gelaufen. Prompt lag binnen kurzer Zeit ein Gutachten mit dem angestrebten Ergebnis auf dem Tisch.Das Amtsgericht Neukirchen hatte den Mann vom Vorwurf der Urkundenfälschung freigesprochen. Es sei ihm nicht nachzuweisen, dass er wusste, dass sein Landsmann das Gutachten gefälscht hatte oder ob er Beziehungen habe spielen lassen. Aber selbst ein unrichtiges Gutachten ist eine Urkunde. Dem Angeklagten war nicht nachzuweisen, dass er wusste ob es ein Gefälligkeitsgutachten oder eine Fälschung war. Der Staatsanwalt nahm die Berufung zurück. Es bleibt beim Freispruch. jht

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