Freispruch für psychisch kranken Schwarzfahrer und Zigarettendieb

Saarbrücken · Mit 15 Jahren begann ein heute 28-jähriger Saarländer, Marihuana zu rauchen. Inzwischen hat er psychische Probleme und lebt in einer betreuten Wohngruppe. Wegen diverser Diebstähle und Schwarzfahrten drohte ihm nun vor Gericht die Einweisung in eine geschlossene Psychiatrie. Doch das Landgericht sprach ihn wegen Schuldunfähigkeit frei. Für eine zwangsweise Unterbringung sei er nicht gefährlich genug, hieß es zur Begründung.

Insgesamt fünf Anklageschriften trug die Staatsanwältin kürzlich vor dem Landgericht gegen einen 28 Jahre alten Saarländer vor. Es ging um verschiedene Diebstähle, Schwarzfahrten und Meldeversäumnisse bei der Bewährungshilfe. Alles in allem keine schwere Kriminalität - dennoch drohte dem psychisch kranken Mann eine zwangsweise Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie .

Bei Diebstählen bewaffnetAls er in einem Saarbrücker Kaufhaus eine Jacke stehlen wollte, hatte er ein Messer dabei. Ebenso bei einer anderen Gelegenheit, bei der er ein Päckchen Zigaretten stahl. Er hatte das Messer in beiden Fällen zwar nicht eingesetzt, trotzdem kam dafür vor Gericht eine härtere Strafe in Betracht. Zudem wurden dem Angeklagten sechs Schwarzfahrten sowie Meldeversäumnisse bei der Bewährungshilfe vorgeworfen. Der Mann hat schon mehrere Gefängnisaufenthalte hinter sich und war auf Bewährung auf freiem Fuß.

Obwohl er einen Hauptschulabschluss besitzt, hat er keinen Beruf erlernt. Zeitweise arbeitete er im Betrieb seines Vaters. Als dieser jung starb, ging er keiner Arbeit mehr nach. Mit 15 Jahren begann er, Marihuana zu rauchen, später kamen andere Drogen hinzu. Inzwischen leidet er an einer psychotischen Störung. Er fühlte sich bedroht und beobachtet. Zu seinem Schutz klebte er in der Wohnung Steckdosen zu und bedeckte seinen Körper mit Alufolien oder Plastiktüten. Zur Behandlung kam er schließlich in eine Saarbrücker Klinik. Inzwischen gehe es ihm besser, hieß es, und er lebt nun in einer betreuten Wohngruppe. Dort wird er ambulant psychologisch betreut. Seine Betreuerin berichtete vor Gericht, dass sein Aufenthalt in der Wohngruppe bis September dieses Jahres befristet ist - wo er danach untergebracht werde, sei derzeit offen.

Nicht gemeingefährlichDie Staatsanwältin strebte die Einweisung in eine psychiatrische Klinik an, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Dafür sei jedoch die Prognose einer Gemeingefährlichkeit erforderlich, hielt die Verteidigerin entgegen. Diese hat der vom Gericht bestellte Gutachter nicht bestätigt. So sahen es in ihrem Urteilsspruch auch die drei Berufsrichter und die beiden Schöffen. Die bloße Möglichkeit, dass es zu weiteren Straftaten kommen könne, reiche für eine Zwangsunterbringung nicht aus. Es gab demnach einen Freispruch ohne weitere Sanktionen. Für einige Tage Untersuchungshaft bekommt der Angeklagte eine Entschädigung.

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