Frauenärztin bezweifelt Nutzen der Mammografie

Regionalverband · Die Frauenärztin und Geburtshelferin Dr. Friederike Perl aus Stuttgart stellt in Ihrem Vortrag beim Frauengesundheitstag am Samstag, 11. 15 Uhr, im Festsaal des Saarbrücker Schlosses, die gängigen Vorstellungen über Früherkennung von Brustkrebs gehörig auf den Kopf. Das Mammografie-Screening hält sie für nutzlos. Darüber hat SZ-Redakteurin Dörte Grabbert mit ihr gesprochen.

Frau Dr. Friederike Perl, was sind ihre Kernkritikpunkte am Mammografie-Screening?

Dr. Friederike Perl: Mammografie-Screening sorgt für eine gewaltige Überdiagnostik. Es werden seit Einführung der Mammografie 30 bis 50 Prozent mehr Karzinome diagnostiziert als vorher. Laut großer Studien sind die durch die Mammografie entdeckten Karzinome aber gerade die nicht tödlichen. Dennoch werden Frauen natürlich in große Angst versetzt durch so eine Diagnose und die entsprechend folgenden Therapien wie Bestrahlung oder Chemotherapie. Ihr Leben ist nicht mehr dasselbe. Und das, obwohl die meisten Karzinome nicht zum Tod geführt hätten.

Aber es gibt ja auch Brustkrebs, an dem Frauen sterben.

Perl: Natürlich werden auch tödliche Karzinome durch das Screening entdeckt. Die werden aber auch mit Abtasten durch einen Arzt und Ultraschall entdeckt. Durch die Mammografie erfahren die Frauen von ihrer Krankheit zum Teil aber Jahre früher, ohne dass sie wirklich aufgrund der Frühdiagnose länger leben. Zwar hat sich die Sterblichkeit am Brustkrebs in den letzten 15 Jahren gesenkt, aber auch in den Ländern, die kein Screening haben. Nämlich aufgrund besserer Therapie.

Warum gibt es das Mammografie-Screening dann noch?

Perl: Es passt in die Vorstellung von Früherkennung, dass Früherkennung immer besser sei. Das muss aber für jede Maßnahme bewiesen werden, und das ist beim Mammografie-Screening nicht der Fall. Die neuste Studie aus Kanada hat nach 25 Jahren keine Verbesserung der Sterblichkeit am Brustkrebs gezeigt. Trotz Mammografie-Screening. Aber natürlich wird am Screening überall sehr viel verdient. Und den Frauen wird implizit gesagt: Wenn du den richtigen Diagnosezeitpunkt verpasst, ja dann musst du dir das Ergebnis selbst zuschreiben. Insofern könnte man die Mammografie auch als eine frauenfeindliche Maßnahme bezeichnen. Aber Politiker wagen nicht, die Mammografie abzuschaffen, weil sie dann Kritik von Selbsthilfeorganisationen fürchten, die aber, wie wir ja wissen, oftmals auch von Interessengruppen gesponsert werden.

Bleib Dir treu, sei Du selbst - das ist das Motto des 9. Frauengesundheitstags am Samstag, 10. Mai, im und vorm Saarbrücker Schloss. Von 10 bis 18 Uhr gibt es Vorträge, Konzerte, Workshops und Beratungen im Foyer und im Nordflügel des Schlosses sowie in zwei Zelten auf dem Schlossplatz.

Frau sein dürfen ohne Vollkommenheitsanspruch. Sich ein eigenes Bild von sich und den Dingen machen. Darum soll es am Samstag gehen. Dazu beitragen sollen Vorträge über den Sinn und Unsinn von Mammografie (siehe Interview), über Intimchirurgie mit dem Titel "Ist Lust formbar", darüber, warum das Schlaganfall-Risiko für Frauen ein anderes ist als bei Männern, über Gewalt an Frauen und über Schönheitschirurgie. Musik gibt es zur Eröffnung von Savoy Truffle aus dem Saarland und zum Abschluss von der Rocklady Elly Lapp mit ihrem Programm "Frauen sind keine Engel."

Turnusmäßig wäre der Frauengesundheitstag eigentlich im September dran. Er wurde aber um vier Monate vorverlegt. Grund dafür sind neue Brandschutzregeln. "Es dürfen nicht mehr beide Treppenhäuser im Schloss benutzt werden. Eine Treppe muss als Rettungsweg frei bleiben", erläutert Birgit Amrath-Schäfer vom Frauenbüro des Regionalverbands Saarbrücken. "Deshalb stellen wir zwei Zelte auf dem Schlossplatz auf." Und damit es darin nicht so kalt ist, ging das Frauenbüro auf Nummer sicher und hat den Termin auf Mai verlegt.

Das komplette Programm gibt es im Internet.

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