Frauen werden häufiger gemobbt als Männer

Saarbrücken/Merzig. "Bei Mobbing handelt es sich immer um systematisches, zielgerichtetes Fertigmachen", sagt Petra Messinger, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Saarbrücken. Sie berät und informiert Frauen, die mit Mobbing am Arbeitsplatz zu kämpfen haben. Monatlich suchen sechs bis acht Betroffene Hilfe bei ihr

 Tratsch und Tuscheleien hinterm Rücken, üble Nachrede, offene Schikane: Mobbing hat viele Gesichter. Foto: gms

Tratsch und Tuscheleien hinterm Rücken, üble Nachrede, offene Schikane: Mobbing hat viele Gesichter. Foto: gms

Saarbrücken/Merzig. "Bei Mobbing handelt es sich immer um systematisches, zielgerichtetes Fertigmachen", sagt Petra Messinger, Frauenbeauftragte der Landeshauptstadt Saarbrücken. Sie berät und informiert Frauen, die mit Mobbing am Arbeitsplatz zu kämpfen haben. Monatlich suchen sechs bis acht Betroffene Hilfe bei ihr. Oft sind es weibliche Angestellte, die sich von ihrem männlichen Chef gemobbt fühlen. Der Grund sei aber nicht, dass Männer mehr mobben. "Das liegt am klassischen Hierarchie-Verhältnis. Die 'Täter' fühlen sich aus ihrer Überlegenheitsposition sicher", sagt sie. "Und da Männer wesentlich häufiger Führungspositionen besetzen, fühlen sich statistisch gesehen natürlich mehr Frauen gemobbt."Rainer Thimmel von der Arbeitskammer des Saarlandes bestätigt diesen Eindruck. "Bundesweit hat jeder Zehnte schon einmal Mobbing erfahren", sagt Thimmel, "derzeit sind drei Prozent betroffen. Laut Statistik sind zwei Drittel der Opfer Frauen."

Petra Messinger betont jedoch, dass der Begriff "Mobbing" heute überstrapaziert wird: "Es ist häufig sehr schwierig, zwischen Mobbing und ungeklärten Konflikten zu unterscheiden. Da muss man sich genau die Struktur der Konflikte ansehen." Ein Grund für solche Konflikte sei häufig fehlende Kommunikation.

Mobbing dagegen geht über ungelöste Konflikte hinaus. Nach Experten sind Systematik und Dauer entscheidend: Das heißt, eine oder mehrere Personen greifen einen Kollegen gezielt und über einen längeren Zeitraum an. Das Ziel ist die Ausgrenzung aus dem Arbeitsverhältnis. In der Regel spricht man von Mobbing, wenn die Tyrannei über Monate geht: "Eine Faustregel sind sechs Monate. Nach vier Wochen könne man nicht von Mobbing sprechen", erklärt Thimmel von der Arbeitskammer.

Unterschiede sieht er auch in der Art und Weise, wie die Geschlechter mobben: "Frauen setzen eher Gerüchte in die Welt und versuchen es über das soziale Ansehen", sagt Thimmel. Männer versuchen es eher über die Arbeitsleistung: "Viele machen die Leistung der Kollegen schlecht oder unterstellen sogar Fehler", erklärt er.

Grundsätzlich ist niemand vor Mobbing sicher - es kann sowohl den Chefarzt als auch die Putzfrau treffen. Doch es gibt Branchen, die häufiger betroffen sind als andere. Thimmel nennt Berufe, die besonders gefährdet sind: Sozialarbeiter, Ärzte, Krankenschwestern, Krankenpfleger, Erzieher. "Überall dort, wo die Arbeitsbedingungen sehr schwer sind und viel kommuniziert werden muss", erklärt Thimmel.

Auch ein hoher Kundenverkehr kann Mobbing begünstigen, wie zum Beispiel im Kreditgewerbe, wo es auf die Abschlüsse ankommt. Auffallend sei zudem, dass besonders neue oder junge Kollegen gemobbt werden. Letztendlich habe Mobbing jedoch etwas mit der Firmenpolitik zu tun, erklärt Thimmel. Daher komme es in bestimmten Betrieben gehäuft zu Fällen. Ursachen können Umstrukturierungsprozesse oder fehlende Führungsqualitäten der Chefetage sein. "Viele Führungskräfte erlangen ihre Position leider nur wegen ihrer fachlichen Kompetenz."

Die Frauenbeauftragte Petra Messinger rät Betroffenen: "Die Opfer müssen aus ihrer Anonymität heraustreten. Sie müssen sich Hilfe suchen, auch innerbetrieblich." So könne man seine Souveränität zurückgewinnen und dem Mobber die Stirn bieten.

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