Frauen sind im Dirndl-Rausch

Saarbrücken · Kaum zu glauben: In München feiern sie Oktoberfest und im Regionalverband kaufen die Frauen hunderte, gar tausende Dirndl. Locken tun nicht nur die Münchner Wiesn auch die hiesigen Oktoberfeste sind beliebt.

Saarbrücken. "Für ein Dirndl sind Sie zu spät dran," sagt C&A-Filialeiter Rolf Eisenbeis. Eine Woche bevor München den Schlachtruf "Ozapft is" in die Welt prostete, "waren wir restlos ausverkauft". 500 Dirndl und 200 Lederhosen, schätzt er, gingen in Saarbrücken über die Ladentheke. Saarbrücker im Oktoberfest-Rausch? "Ja", freut sich auch Kaufhof-Filialleiter Uwe Spanker, "wir hatten vergangenes Wochenende eine Sonderfläche zum Thema Oktoberfest. Das Trachtenkleid läuft schon seit Jahren. Aber die Männer hatten Nachholbedarf", resümiert er. "Das Set mit Lederhose, Hemd, Strümpfen und Schuhen war der Renner". Spanker wundert sich nicht: "Saarländer feiern gerne." Das hatte wohl auch "OLT Express" auf dem Radar. Ab dem 1. Oktober bietet die neu stationierte Fluggesellschaft ab Saarbrücken Direktflüge in die bayrische Landeshauptstadt. "Eigentlich sollte die Strecke erst am 15. Oktober auf den Flugplan kommen. Wegen des Oktoberfests haben wir vorgezogen", beschreibt Sprecher Matthias Burkard, "und das Interesse ist groß."



"Nicht nur in München, auch zuhause wird gefeiert", weiß Natascha Allard (35) vom "Kostümverleih und Verkauf Schikofsky" in Köllerbach. "Viele Kunden feiern auf regionalen Oktoberfesten oder auf privaten Partys." Etwa 300 Dirndl und 250 Lederhosen hat der Kostümverleih im Sortiment. "Frauen tragen gern jedes Jahr ein neues Dirndl. Da bietet es sich an, eins zu leihen." Nach Fasching, beschreibt Allard, "ist das Oktoberfest seit zwei, drei Jahren die zweite Hochsaison." Ab Juli wird vorgebucht, aber "wir haben auch für Kurzentschlossene noch genug." Wer bei "Kostüm & Co" in Dillingen sein Trachtenglück sucht, wird "bei den gängigen Damengrößen" leer ausgehen. Die 30 Dirndl und 15 Lederhosen "sind größtenteils weg", sagt Jennifer Ludwig (32). Bei Beate Klein (48) im "Der Klein(e) Pfeiffer" in Heusweiler lief das Oktoberfest-Geschäft "noch besser als im vergangenen Jahr. Wir haben bestimmt 100 Dirndl verkauft." Wenn man aufs Oktoberfest geht, "will man richtig gekleidet sein". Die Liste der regionalen Oktoberfeste ist lang: St. Ingbert, Saarlouis, Merchweiler, Homburg und viele mehr. Seit diesem Jahr hat die Landeshauptstadt auf dem Messegelände ein Oktoberfest. Nach vier Tagen bayerischer Ausgelassenheit auf dem "1. Oktoberfest in Saarbrücken", ist Roman Mayr (40) "zwar geschafft", aber mit dem Verlauf "sehr zufrieden". 7300 Besucher zählte der Veranstalter nach vier Tagen im Festzelt. Wie viel Bier verkauft wurde, weiß er noch nicht. Geht es nächstes Jahr in die zweite Runde? "Und ob! Viele Besucher fanden, dass wir uns, was die Stimmung angeht, nicht vor München verstecken müssen." Klaus Czernikiewitz (54), Verkaufsleiter bei Schröder Fleischwaren, bemerkt auch einen Oktoberfest-Hype. "60 Prozent unsere Weißwürste verkaufen wir in den Monaten September und Oktober. Außerdem verdoppelt sich der Absatz von Grillhähnchen und Schweinshaxen."

Bayrisch essen, trinken und feiern will auch Sven Werdehausen (33). "Wenn Brezeln, Bier und Blasmusik, dann mit Tradition, dann in München." Die saarländischen Oktoberfeste, findet er, seien "nur große Mottopartys". Er besucht mit Freunden am Samstag die Wiesn. "Ein wenig verkleidet fühle ich mich in meinen neuen Lederhosen schon", grinst er. "Jetzt brauche ich noch ein kariertes Hemd", sagt er und entschwindet in der Bahnhofstraße. Ein Hemd dürfte leichter zu finden sein, als ein Dirndl.

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