Frau Konsulin packt bald die Koffer

Saarbrücken. In Filmen arbeiten italienische Amtstuben bevorzugt ächzend und unergiebig. Wo immer die Drehbuchschreiber sich ihre Anregungen geholt haben - im italienischen Konsulat in Saarbrücken waren sie sicher nicht. Freitagmorgen, 9.30 Uhr, Johannisstraße 2, 2. Etage

Saarbrücken. In Filmen arbeiten italienische Amtstuben bevorzugt ächzend und unergiebig. Wo immer die Drehbuchschreiber sich ihre Anregungen geholt haben - im italienischen Konsulat in Saarbrücken waren sie sicher nicht. Freitagmorgen, 9.30 Uhr, Johannisstraße 2, 2. Etage. Es lohnt sich nicht, die schwere Eingangstür immer wieder zuschnappen zu lassen, ein Mitarbeiter hat einen Keil in den Rahmen geschoben, damit die Pforte offen bleibt.

Seit einer halben Stunde hat die Behörde geöffnet, alle zwei bis drei Minuten treten die Menschen ein. Die meisten waren schon einmal da.

Sie kennen die Gepflogenheit, wie beim Supermarkt-Metzger oder Arzt eine Wartenummer zu ziehen. Die Anliegen werden in fünf, sechs Büros bearbeitet, so dass kaum Wartezeiten entstehen. Man kann sich Pässe und Personalausweise ausstellen oder verlängern lassen - es gibt sogar einen Passfoto-Automaten -, es werden Geburten und Sterbefälle gemeldet, schulische, arbeitsrechtliche, soziale, notarielle Angelegenheiten erledigt.

Wenn in Italien Wahlen sind, wählen die im Saarland lebenden Italiener eben hier, italienische Soldaten sprechen wegen ihrer Einsätze vor. Es wird überwiegend Italienisch gesprochen. Kommt mal ein Deutscher rein, sehen das die Mitarbeiter sofort, sagen "moin" und "buongiorno".

Das Konsulat und seine zwölf Beschäftigten sind eine Art Gemeindeverwaltung für die 22 328 (Stand 12. November) im Saarland lebenden Personen mit italienischer Staatsangehörigkeit. In Saarbrücken sind es etwa 4000. Außerdem werden etwa 1500 bis 2000 meist ältere Menschen betreut, die vorübergehend hier wohnen. So holen etliche Familien über Weihnachten die Großeltern aus dem Süden.

Die Italiener haben sich an ihr Konsulat gewöhnt, es arbeitet zu ihrer großen Zufriedenheit und erleichtert ihren Alltag. Dass es - vielleicht - demnächst geschlossen wird, mutmaßlich aus Kostengründen, ist für viele nicht hinnehmbar.

Eine Schließung hätte auch eine psychologische und emotionale Wirkung. Schließlich sei das Saarland "das italienischste" Land Deutschlands, die Landsleute seien stolz darauf, dass Italien hier ein Konsulat unterhalte, erklärt Giovanni di Rosa, Chef des Verbandes Comites, der die hiesigen Italiener vertritt. Di Rosa und seine Mitstreiter kämpfen mit Umzügen und Unterschriftenlisten gegen die drohende Schließung. Konsulin Susanna Schlein, 31, versichert aber, Italien habe nicht die Absicht, das Saarland zu verlassen. Eine Repräsentanz sei auch von Frankfurt aus möglich, Dienstleistungen könnten per Post oder Internet erbracht werden. Die Diplomatin Schlein, die perfekt Deutsch spricht, hatte durch ihre Präsenz im öffentlichen Leben den Stellenwert des Konsulats noch erhöht. Ob Schließung oder nicht, die gebürtige Schweizerin wechselt nächstes Jahr nach Albanien.

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