Fotografie ist mehr als Knipsen

Homburg · „Irritationen“ heißt die neue Ausstellung der Schwarz-Weiß-Arbeitsgemeinschaft Süd in Homburg. Für die rund 60 Aufnahmen haben die Fotografen recht ungewöhnliche Perspektiven gewählt.

 Mit insgesamt 60 Exponaten zeigt die Schwarz-Weiß-Arbeitsgemeinschaft Süd noch bis zum 20. Juni in der Galerie im Forum Arbeiten im Stile der Erneuerung der deutschen Fotografie nach 1945. Foto: Thorsten Wolf

Mit insgesamt 60 Exponaten zeigt die Schwarz-Weiß-Arbeitsgemeinschaft Süd noch bis zum 20. Juni in der Galerie im Forum Arbeiten im Stile der Erneuerung der deutschen Fotografie nach 1945. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Ist es das, was es ist? Oder ist es das, was im Auge des Betrachters entsteht? Die Fotografien der Ausstellung "Irritationen" der Schwarz-Weiß-Arbeitsgemeinschaft Süd, derzeit zu sehen in der Galerie im Forum Homburg (wir berichteten), beantwortet beide Fragen mit Ja. Denn: Gekonnt spannen die insgesamt 60 analogen Schwarz-Weiß-Fotografien den Bogen zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Dabei ist es nicht nur das Herauslösen von Details aus dem Gesamten, sondern auch die Wahl ungewöhnlicher Perspektiven, die für Irritationen im positiven Sinne sorgen.

Bei der Vernissage vergangene Woche würdigte der Binger Fotohistoriker und Fotograf Franz Toth, nach der offiziellen Begrüßung durch den ersten Kreisbeigeordneter Peter Nagel als Vertreter von Landrat Clemens Lindemann, die Ausstellung als eine, die "Kunstwerke in Schwarz und Weiß" zeige. Die Arbeiten stünden in der Tradition der Erneuerung der Fotografie in Deutschland nach 1945, der subjektiven Fotografie und des Bauhaus der Vorkriegszeit.

"Das Geistige in der Kunst ist nicht der Inhalt, sondern die Form, die Bedingungen und das Formale, mit denen die Bilder in sich selbst bestehen und genügen können." Diese Entwicklung habe im Bauhaus begonnen. So sei die aktuelle Ausstellung "ein kleiner Scherz", nicht modern, sondern aus den 50er Jahren, so Toth mit einem Augenzwinkern. Die 60 Fotografien seien eigenständige und "keine Abbilder. Sie sind autonom und können aus sich heraus bestehen." Dabei seien, so Toth grundsätzlich, Bilder die "Organisation der Fläche", gerade wenn es um Schwarz-Weiß-Arbeiten gehe. Und das als Manifestation des Bauhaus-Grundsatzes, ein Bild sei das Verhältnis von Punkt und Linie zur Fläche. "Das ist ganze Bedingung eines Bildes."

Für die Schwarz-Weiß-AG Süd führte Andreas Perlick in die Ausstellung und die Arbeit der AG ein. Perlick richtet auch einen ausgesprochenen Dank an Franz Toth. "Er hat uns gezeigt, dass Fotografie in einem Rahmen gesehen werden kann, der Kunsthistorie zum Hintergrund hat und der zeigt, dass wir nicht nur auf Knöpfe drücken, sondern dass wir uns um Bilder und Bildideen kümmern." Dabei sei das von Toth genannte Konzept der subjektiven Fotografie für die Arbeitsgemeinschaft Süd sehr wichtig. "Einige Mitglieder unserer Gruppe mögen mir da widersprechen und ihre Wurzeln eher in Amerika sehen, wo diese Art der Schwarz-Weiß-Fotografie, leichthin formuliert, erfunden worden ist. Aber man merkt unseren Bildern an, so glaube ich, dass sie nicht nur eine Weiterentwicklung einer amerikanischen Idee sind, sondern dass sie auf der deutschen Nachkriegsfotografie fußen." Dass man nun zum wiederholten Mal in Homburg ausstellen dürfe, sei dabei besonders erwähnenswert, habe sich doch diese Fotografie in dieser Region entwickelt, so Perlick mit Blick auf das Wirken von Otto Steinert (1915-1978) in Saarbrücken, dem Begründer der subjektiven Fotografie.

Wie die Fotografen künstlerische Tradition und moderen Sichtweisen verbinden, das zeigt die Ausstellung "Irritationen" noch bis zum 20. Juni in der Galerie im Homburger Forum.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort