Fokussiert auf das Wesentliche

Saarbrücken · Serge Micarelli, 51, Center-Manager der Europa-Galerie in Saarbrücken, mag es im Büro sachlich und karg. Das ist für den leidenschaftlichen Handelsmann aber das Gegenteil von langweilig.

 Nichts soll hier von der Arbeit ablenken: Serge Micarelli an seinem fast schon spartanisch gestalteten Arbeitsplatz. Foto: Becker&Bredel

Nichts soll hier von der Arbeit ablenken: Serge Micarelli an seinem fast schon spartanisch gestalteten Arbeitsplatz. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Tausend kleine Dinge, so könnte man sich vorstellen, zieren das Büro des Managers der Saarbrücker Europa-Galerie. Serge Micarelli hat sich allerdings bewusst für ein schlichtes Interieur entschieden - der weißwandige Raum mit dem graublauen Teppichboden bleibt schmucklos. "Ich liebe es, strukturiert zu arbeiten", erklärt der Center-Manager die Kargheit und Aufgeräumtheit seines Arbeitsplatzes. Ablenkung soll hier vermieden werden, es wird weder residiert noch repräsentiert, nicht gewohnt und auch nicht gespeist. Ein Porträtfoto des Sohnes auf der Platte des großen furnierten Schreibtisches, ein abstraktes Gemälde vom damals Neunjährigen, eine Lithografie mit einem Schachfiguren-Motiv (einem Hobby des 51-Jährigen), sowie ein Leuchtturm als Glückssymbol der Familie, die aus Luxemburg stammt - mehr ist da nicht an persönlichen Gegenständen. Stattdessen an der Wand Planzeichnungen mit dem aktuellen Bestand an Branchen und Mietern im Haus. Zwischen den zwei Schränken ("Viel zu groß inzwischen, man legt ja heute alles digital ab.") steht ein massiver Garderobenständer mit einer Auswahl an Sakkos und Krawatten.

Etwa elf Stunden hält sich Serge Micarelli täglich in der Europa-Galerie auf. Wenn er morgens vom Wohnort im Osten des Saarlandes mit dem Auto nach Saarbrücken fährt, weiß er oft noch nicht, welche Anforderungen und Begegnungen der Tag bringen wird. An seiner Tätigkeit liebt er auch eben diese Überraschungen - und begegnet ihnen mit adäquater Kleiderwahl.

Den Tisch dominieren zwei Bildschirme. Einer des Computers, der zweite wirft die laufend erfassten Besucherzahlen aus - sortiert nach Eingängen. Micarelli möchte wissen, wie viele Leute ins Haus kommen und warum, wie lange sie bleiben, was sie suchen und was sie sonst noch in der Stadt tun. Kommen beispielsweise die Eltern der Jugendlichen, während diese sich im benachbarten Kaufhaus einer irischen Handelskette eine Hose kaufen, derweil in die Europa-Galerie? Solche Zusammenhänge zu ergründen, lieben Kaufleute.

Frequenz ist die wichtigste Kennzahl für die Wirtschaftlichkeit des 25 000 Quadratmeter großen Hauses mit seinen mehr als 100 Geschäften und über 800 Arbeitsplätzen. Langfristig sollten es im Schnitt 25 000 Menschen am Tag sein, im dritten Jahr nach der Eröffnung registriert man 22 000. Der Center-Manager der ersten Stunde, der mit zehn Mitarbeitern als Dienstleister für den Investor tätig ist, zeigt sich "zufrieden", wäre aber gern noch zufriedener. Früher habe man, grob gesagt, ein Einkaufscenter hingestellt und 20 Jahre laufen lassen, heute sei der Markt in nur fünf Jahren ein komplett anderer, also schwieriger, erklärt Micarelli und nennt Eurokrise, Überalterung der Bevölkerung und den Internet-Handel als drei Einflüsse.

Damit sie nicht zu Störgrößen würden, sei ständig gegenzusteuern, entweder durch Preisgestaltung, Branchenmix, Sortimente oder Erlebnisse. "Der Erlebniswert muss noch deutlich höher werden", ist er überzeugt. Serge Micarelli ist deshalb auch oft im Haus unterwegs, am liebsten drei Mal am Tag, zum Beobachten, Reden, Lernen. "Ich möchte das Center aus Sicht des Besuchers sehen", erklärt er seinen Antrieb, während er in der Buntheit der Dekoration die wachen Augen über das Gewusel kreisen lässt - seiner Gegenwelt zum Büro.

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