Finale vor einzigem Fernseher in der Gemeinde erlebt

St Wendel · Dem Aufruf der Saarbrücker Zeitung , eine Geschichte zum Wunder von Bern zu schicken, ist der 73-jährige Gernot Spengler aus St. Wendel gefolgt. Er schreibt, wie er das Endspiel am 4. Juli 1954 erlebt hat.

4. Juli 1954. Im Tanzsaal der Gastwirtschaft "Zum Frischen Fäßchen" meines Großvaters Rudolf Spengler hatte sich eine stattliche Menschenmenge versammelt, um das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft in der Schweiz am Fernsehgerät zu verfolgen, darunter der damals 13-jährige Schüler Gernot Spengler aus Saal. Mein Onkel Fritz Ulrich hatte vom benachbarten Eulenkopf eine etwa 200 Meter lange Leitung zur Gaststätte an der Schwann installiert, um den Sender Hornisgrinde im Schwarzwald empfangen zu können für das erste und einzige winzige Fernsehgerät in Niederkirchen im Ostertal, damals ein Dorf mit etwa 1200 Einwohnern, heute Stadtteil von St. Wendel. So konnte ich bereits das spektakuläre 6:1 im Semifinale gegen Österreich bestaunen mit Toren von Ottmar und Fritz Walter.

Natürlich war die Enttäuschung groß nach dem frühen Rückstand durch die ungarische Wundermannschaft. Schon vor der Pause der Hoffnungsschimmer durch den Ausgleich durch Morlock und Schäfer und grenzenloser Jubel nach dem Siegtor durch Helmut Rahn . Dass wir damals noch Ausländer waren, hat uns nicht daran gehindert, uns über den Sieg der Deutschen zu freuen, zumal die Beziehungen über die grüne Grenze sehr eng waren. Schließlich war dies das erste Erfolgserlebnis nach dem neun Jahre vorher verlorenen Krieg. Ich gehöre somit zu den etwa acht Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung, die das "Wunder von Bern " live verfolgen konnten. Leider waren meine beiden älteren, ebenfalls fußballbegeisterten Brüder verhindert weil sie auf einem Musikfest in Wiebelskirchen spielen mussten.

Dass Deutschlands Sieg in Bern nicht ungeteilt gewürdigt wurde, kann man an folgender Bemerkung eines Schweizers erfahren, die mein, in die Schweiz ausgewanderter, Cousin Lothar Hoffmann aufgeschnappt hatte:"Die Sauschwobe!". Es darf allerdings nicht vergessen werden, dass die Schweiz als erste Nation dem DFB nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Länderspiel im Jahre 1951 die Hand der Versöhnung reichte.

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