Festival „Mir redde platt“ sandte Botschafter in die Breite 63

Saarbrücken · Ausgehend von einem ukrainischen Volkslied schuf Pete Seeger 1955 das berühmte Antikriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“. Max Colpet textete die deutsche Version – 1962 erstmals vorgetragen von Marlene Dietrich. Jetzt gibt's auch eine Fassung in Saargemünder Platt.

Sogar eine Welturaufführung konnte man am Freitag im Kultur- und Bürgerzentrum Breite 63 erleben: Pete Seegers unverwüstliches "Sag mir, wo die Blumen sind", zum ersten Mal auf Mundart vorgetragen. Von 21 Schülerinnen und Schülern des Saargemünder Collège Jean Jaurès. Der Text wirkte so natürlich und kam den 10- bis 12-Jährigen so flüssig von den Lippen, als hätte es ihn schon immer gegeben. Dabei hatten die Schüler, wie ihr Musiklehrer Martial Schmit mit leichtem Bedauern bemerkte, bis vor kurzem keinerlei Bezug zum Dialekt. Und jetzt? Sangen die Kleinen mit Inbrunst gleich sechs Lieder in Mundart en suite.

Möglich gemacht hat das eine gutnachbarschaftliche Zusammenarbeit. Die Saargemünder hatten Roland Helm, den Saarbrücker Musiker, mit seiner Bluesharp und Gitarre eingeladen, um mit den Schülern im Dialekt zu singen: Seegers Antikriegslied genauso wie das alte Volkslied vom armen Lothringer "Buer" (Bauer), das hier fast wie ein Blues klingt. Den Rahmen dafür bot das Saargemünder Festival "Mir redde platt".

Und weil dieses Festival schon seit vielen Jahren immer wieder saarländische Mundart-Künstler über die Grenze einlädt, wurde es doch mal Zeit für eine Gegeneinladung, fand Hans Martin Derow, der neue künstlerische Leiter der Breite 63, und tat es.

Roland Helms Liedauswahl zeigt, was dieses Festival auszeichnet: Von der eigenen Regionalkultur schlägt es die Brücke zu anderen Regionen und ihren Sprachen in der ganzen Welt.

Dafür steht auch das Trio "Mannijo" ein, das am Freitag im Anschluss auftrat. "Wir sind ein Produkt der Atomindustrie", stellen sich die beiden Gitarren-Barden Manfred Pohlmann aus Koblenz und Jo Nousse aus Sierck-les-Bains vor, die bei den ersten Anti-Atomkraftwerk-Demos zusammenfanden.

Mit Leidenschaft und viel Humor mixen sie widerständige Lieder von Roger Siffer und Wolfgang Neuss mit Okzitanischem, mit "Bella Ciao" und eigenen Song-Kompositionen. Und beweisen, im Trio mit Keyboarder Patrick Riollet, dass selbst alte Bewegungs-Hits noch heute als Weltmusik Klasse haben können.

Wer nicht bis zum nächsten "Mir redde Platt"-Abend in der Breite 63 im Jahr 2015 warten will: Bis 26. April läuft das Festival noch in Saargemünd.

sarreguemines.fr

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