Fernbuskunden sind jung und von der Bahn enttäuscht

Saarbrücken · Das Kölner Institut IGES hat den typischen Fahrgast von Fernbus-Linien ermittelt. In einer Studie wurden 798 Menschen befragt. Das Ergebnis: Fast die Hälfte sind ehemaligen Kunden der Deutschen Bahn.

"Fernbusanbieter lieben Saarbrücken", hatten wir Mitte März getitelt, gleichzeitig aber auch bedauert, dass über "den typischen" Nutzer dieses neuen Verkehrsmittels noch kaum etwas bekannt sei. Das hat sich nun geändert. Ein Kölner Institut namens IGES und das Fernbuslinien-Vergleichsportal "Fahrtenfuchs" haben dem Vernehmen nach 798 Menschen befragt und daraus halbwegs repräsentative Schlüsse gezogen. Die Ergebnisse, wie sie in einer Pressemitteilung beschrieben werden: Nutzer von Fernbussen sind zu 44 Prozent frühere Bahnkunden. 30 Prozent der Fernbuskunden sind demnach nicht mehr in Fernzügen wie ICE oder IC sowie 14 Prozent nicht mehr in Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn und deren Wettbewerbern unterwegs. "Vor allem die günstigen Ticketpreise, die Anbindung auch kleinerer und mittelgroßer Städte sowie die Vielzahl umsteigefreier Verbindungen sind die Gründe, warum Bahnkunden in Fernbusse wechseln", so Christoph Gipp, Bereichsleiter Mobilität am IGES-Institut.

Mitfahrzentralen verlieren Kunden. Allerdings sei dabei immer noch ein Blick auf den Gesamtmarkt wichtig, so Gipp. Angaben des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer zufolge waren 2013 bis zu neun Millionen Menschen in Fernbussen unterwegs. Rund 130 Millionen Menschen nutzen hingegen jährlich den Eisenbahnfernverkehr. Fernbusse sorgten zudem für mehr Mobilität: Zehn Prozent seien Neukunden, die zuvor nicht gereist wären.

Zweitwichtigste Nutzgruppe sind mit 38 Prozent ehemalige Autofahrer. Zudem ist jeder fünfte Nutzer einer kostenpflichtigen Mitfahrgelegenheit im Pkw auf den Fernbus umgestiegen. Konkurrenz zum Flugzeug ist der Fernbus jedoch weniger. Nur vier Prozent der Busreisenden fliegen nicht mehr. 63 Prozent der Befragten gaben als Reiseanlass private Gründe an. Weitere 20 Prozent nutzen den Fernbus für Freizeit- und Urlaubsaktivitäten. 85 Prozent der Kunden sind der Umfrage zufolge zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Fernbus. Sie wünschen sich jedoch vor allem besser ausgestattete Haltestellen und funktionierende WLAN-Angebote im Bus. Die Umfrage bestätigt damit die Vermutung von "Fahrtenfuchs", dass Busbahnhöfe und Haltestellen eine der wichtigsten Herausforderungen sind, denen die junge Fernbusbranche sowie Städte und Gemeinden gegenüberstehen. Der neue Saarbrücker Busbahnhof in der Dudweilerstraße soll im Mai seiner Bestimmung übergeben werden.

Die IGES-Umfrage zeigt, dass die neue Fernbuswelt immer noch eine Reisewelt für junge Menschen ist: Knapp zwei Drittel der Umfrageteilnehmer sind zwischen 18 und 29 Jahren alt. Immerhin ein Drittel entfällt auf die Altersgruppe der 30 bis 65-Jährigen. Diejenigen, die bisher noch nicht mit dem Fernbus gefahren sind, gaben an, der Bahn (30 Prozent) bzw. dem Pkw (23 Prozent) den Vorzug zu geben.

Seit der Marktliberalisierung mit Jahresbeginn 2013 haben innerdeutsche Fernbusverbindungen um 250 Prozent auf rund 5500 wöchentliche Fahrten zugenommen, wie die ebenfalls vom Kölner IGES Institut herausgegebene Marktstudie "IGES Kompass Mobilität - Fokus Fernbus" zeigt.

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