Expressive Klangmalerei zum Stummfilm

Saarbrücken. Am Sonntag erst hatte das Toulouser Rémi Panossian-Trio zusammen mit der Fischbacher Saxofonistin Nicole Johänntgen im Kulturbistro Malzeit gejazzt. Johänntgen wohnt mittlerweile in Zürich, und dort residiert auch das "Institute of Incoherent Cinematography" (IOIC), in dessen Auftrag die Vier am Donnerstag gleich nochmal in der Malzeit auftraten

Saarbrücken. Am Sonntag erst hatte das Toulouser Rémi Panossian-Trio zusammen mit der Fischbacher Saxofonistin Nicole Johänntgen im Kulturbistro Malzeit gejazzt. Johänntgen wohnt mittlerweile in Zürich, und dort residiert auch das "Institute of Incoherent Cinematography" (IOIC), in dessen Auftrag die Vier am Donnerstag gleich nochmal in der Malzeit auftraten. Institutsleiter Pablo Assandri hatte Johänntgen bereits im vergangenen Jahr nach China geschickt mit der Mission, Stummfilme zeitgemäß zu vertonen. Nun konnte er sich bei der ersten IOIC-Filmsoiree auf deutschem Boden über ein proppenvolles Haus freuen.Derweil lachte das Publikum über einen reichlich schwul anmutenden Hofstaat, einen vor Lüsternheit lechzenden Herodes und die sensationellen Frisuren der exzentrischen russischen Hauptdarstellerin und Produzentin Alla Nazimova, die als männermordende Verführerin das Haupt des Jochanaan fordert. Flimmerte doch gelbstichig Charles Bryants skandalumwitterter Stummfilm "Salomé" (USA 1923) nach Oscar Wildes gleichnamigem Theaterstück von der kleinen Leinwand.

Für das hiesige, mit Live-Vertonungen relativ verwöhnte Publikum eine reizvolle Gelegenheit, den interpretatorischen Zugriff dieses Quartetts mit dem des Saarbrücker Trios "OHR" oder den CinéConcerts der Improvisationsklasse der Hochschule für Musik Saar zu vergleichen. Und höre da - soviel Unterschied war da nicht, auch wenn sich Rémi Panossian (Piano), Maxime Delporte (Kontrabass), Frédéric Petitprez (Schlagzeug) und Nicole Johänntgen an Alt- und Sopransaxophon mit ironischen Kommentaren zurückhielten. Aber auch hier standen stark improvisatorische Phasen mit allen Zutaten zeitgemäßer, ebenso expressiver wie virtuoser Klangmalerei neben durchkomponiert wirkenden jazzigen Passagen. Nicht zu vergessen Groove-betonte Easy-Listening-Beats, die sich als optimaler Soundtrack höfischer Dekadenz erwiesen. Dabei hielt das Quartett durchweg die spannungsgeladene Balance zwischen reduzierter Tondichte und explosivem Powerplay. Wiederhören jederzeit willkommen. kek

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