Experte: Höhere Strafen helfen kaum gegen Angriffe auf Polizei

Saarbrücken · Eine Erhöhung des Strafmaßes für Angriffe auf Polizeibeamte, wie sie Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) derzeit plant, wird potenzielle Aggressoren nach Ansicht des Trie rer Konflikt- und Gewaltforschers Roland Eckert kaum abschrecken. "Viele Gewaltsituationen werden von starken Affekten begleitet", sagte der emeritierte Soziologie-Professor der Saarbrücker Zeitung im Vorfeld einer Diskussionsveranstaltung über das Thema in Saarbrücken. "Bei Familienkonflikten, bei alkoholgetriebenen Wirtshausschlägereien, bei Massenszenen in und um Fußballstadien, bei Revierkämpfen verfeindeter Jugend-Cliquen und erst recht bei den Auseinandersetzungen von Glaubensgemeinschaften ist die situative Stimulation der Akteure so hoch, dass mögliche Sanktionen wenig Eindruck machen, selbst wenn sie bekannt sein sollten."

Für die Abschreckung sei langfristig viel wichtiger, dass für Täter die Wahrscheinlichkeit zunimmt, überhaupt identifiziert und schließlich abgeurteilt zu werden. Diese Wahrscheinlichkeit aber hänge von verfügbaren Einsatzkräften, Beweismitteln und dem Personal für die Fahndung ab. Für das Ansehen des Rechtstaates sei auch weniger die Höhe der Strafdrohung entscheidend als die verlässliche Verarbeitung von Delikten durch die Justiz, sagte Eckert. Als Gefahr sieht er hier die Sparmaßnahmen der Bundesländer im Gefolge der Schuldenbremse. "Wenn eine neue Rechtslage dazu motivieren würde, vermehrt Anzeigen zu stellen, zusätzliche Personalressourcen aber nicht zur Verfügung stehen, dürfte der Stau bei den Staatsanwaltschaften weiter anwachsen und den Anreiz verstärken, Ermittlungen einzustellen", so Eckert. "Darunter würde die Glaubwürdigkeit der Strafverfolgung leiden - und der Frust bei den Polizeibeamten weiter zunehmen."

Roland Eckert diskutiert am Freitag um 19 Uhr in der Bel Etage in Saarbrücken bei der Jungen Gruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Landespolizeipräsident Norbert Rupp und GdP-Landeschef Ralf Porzel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort