Experte: 40 Prozent der Flüchtlinge traumatisiert

Saarbrücken · Krieg und Flucht machen viele Flüchtlinge psychisch krank. Viele Schulen fühlen sich mit minderjährigen Flüchtlingen überfordert. Ebenso wie viele Kommunen, die die Schutzsuchenden aufnehmen sollen.

 1370 Flüchtlinge können in der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht werden. Foto: rup

1370 Flüchtlinge können in der Landesaufnahmestelle in Lebach untergebracht werden. Foto: rup

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Krieg und Verfolgung zwingen aktuell Millionen Menschen weltweit zur Flucht. Von Januar bis Ende September haben 1611 Menschen im Saarland Asyl beantragt - das sind bereits weit mehr Anträge als im gesamten Jahr 2013 (1219 Erstanträge). Die für das Ausländerrecht zuständige Abteilungsleiterin im Innenministerium, Karin Schmitz-Meßner, geht davon aus, dass im Saarland in den nächsten Monaten mit 300 neuen Asylbewerbern pro Monat zu rechnen ist.

Wie sich das Saarland um die Versorgung und die Unterbringung der Flüchtlinge kümmert, war Thema der Tagung "Asyl- und Flüchtlingspolitik im Saarland - eine Bilanz", die der Verein Ramesch gemeinsam mit dem Integrationsbeirat der Landeshauptstadt und dem Saarländischen Flüchtlingsrat (SFR) und der Stiftung Demokratie am Donnerstag organisiert hat.

"Wir gehen davon aus, dass 40 Prozent der Flüchtlinge traumatisiert sind", sagt der Psychotherapeut Wolf Emminghaus, der im Beratungszentrum des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Landesaufnahmestelle in Lebach Flüchtlinge betreut. Andere Schätzungen gingen von bis zu 70 Prozent aus. Er plädierte dafür, traumatisierte Flüchtlinge möglichst schnell in den Kommunen unterzubringen, damit sie in einer normalen Umgebung behandelt werden könnten. Für eine dezentrale Unterbringung spätestens drei Monate nach der Ankunft sprach sich der SFR aus. Darüber hinaus forderte er die Umstellung von Sach- auf Geldleistungen, die Arbeitserlaubnis für Asylbewerber sowie großzügigere Bleiberechtsregelungen.

Um die meisten der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Saarland kümmert sich das Jugendamt des Regionalverbandes. "Gemessen an der Einwohnerzahl sind wir bei der Zahl der betreuten Minderjährigen Spitzenreiter in Deutschland", sagte Mirko Engel vom Jugendamt. Seit Oktober 2010 habe man rund 900 Kinder in Obhut genommen. Ein großes Problem sei es, Schulen zu finden, die diese Kinder aufnehmen. Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband teilte mit, es fehle an Geld, Personal und einem Konzept für die Betreuung der minderjährigen Flüchtlinge . Auch Lehrer, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten könnten, seien rar.

Ein Problem sei auch die soziale Betreuung der bislang 1368 auf die Kommunen verteilten Asylbewerber, sagte Schmitz-Meßner. Sie hofft, dass mit Landes- und EU-Mitteln ab November zusammen mit dem DRK drei neue Sozialarbeiter eingestellt werden.

Saar-Innenministerin Monika Bachmann (CDU ) sprach sich nach der Innenministerkonferenz am Freitag für eine zügige Bearbeitung von Asylanträgen sowie für eine stärkere finanzielle Unterstützung durch den Bund aus. Nächste Woche findet in Berlin ein so genannter Asylgipfel statt.

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