Eschberg-Frischmarkt vor dem Aus

Eschberg · Rund 8000 Menschen leben auf dem Eschberg – sagt die Stadtverwaltung. Mittendrin ist der Brandenburger Platz. Dort gibt's einen Frischmarkt, einen Discounter und einige kleinere Geschäfte. Jetzt droht das Aus für den Frischmarkt.

 An der Fleischtheke im Frischmarkt: Geschäftsführer Willi Walter und Ilse Lackas. Fotos: Becker&Bredel

An der Fleischtheke im Frischmarkt: Geschäftsführer Willi Walter und Ilse Lackas. Fotos: Becker&Bredel

 FranzKorpys

FranzKorpys

 ManfredHoppstädter

ManfredHoppstädter

 WolfgangSeibert

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 Karl-HeinzBecker

Karl-HeinzBecker

 AnniHoffmann

AnniHoffmann

 MariaKnörr

MariaKnörr

Im schlimmsten Fall macht der Schröder-Frischmarkt am Brandenburger Platz am 4. Januar komplett zu. Wenn's nicht ganz so schlimm läuft, wird das Geschäft verkleinert und macht in veränderten oder in anderen Räumen weiter - dann aber ohne seinen Lieferservice.

Und Ilse Lackas aus der Metzgerei ist nicht die einzige, die über diese Aussichten sehr traurig ist. Denn der Frischmarkt auf dem Eschberg ist mehr als eine kleine Metzgerei-Filiale - er ist vielmehr eine Art Tante-Emma-Laden, der einzige dieser Art unter den 30 Filialen der Saarbrücker Großmetzgerei. Hier bekommen die Eschberger seit 40 Jahren frisches Fleisch, Wurst, Brot, Getränke, Obst und Gemüse. Doch die Filiale rechnet sich nicht mehr.

Schröder-Geschäftsführer Willi Walter gibt nicht gern auf: "Meine 82-jährige Mutter lebt auf dem Eschberg und kauft selbst hier ein. Alle Mitarbeiter kenne ich persönlich. Aber es geht einfach nicht mehr", sagt der Saarbrücker Unternehmer. Am Tag kämen 220 bis 300 Kunden, aber alle hätten nur wenige Artikel im Körbchen. Für die Miete und den Lohn von sieben Mitarbeitern genüge der Umsatz nicht mehr. "Der Einkauf pro Kunde ist einfach zu gering, um so ein Geschäft zu halten", erläutert Walter. Fast alle Kunden sind im Pensionsalter. Sie kommen beinah täglich. Bei Judith Pils an der Kasse gibt es nur ein Thema: die drohende Schließung. Alle sind betrübt. "Aber wenn alle, die unseren Weggang bedauern, auch bei uns kaufen würden, sähe die Lage anders aus", sagt Walter. Besondere Bedeutung hat der Lieferservice der Filiale - den Senioren werden die Einkäufe nach Hause gebracht. "161 Kunden sind registriert, nur 21 haben in der letzten Woche etwas bestellt. Der Wochenumsatz ist auf 1000 Euro gesunken", berichtet der Chef. Er sagt, die Firma Schröder habe der Lebenshilfe und den CAP-Märkten angeboten, den Markt als gemeinnützige Einrichtung fortzuführen - aber die Verhandlungen seien gescheitert. "Zwei Optionen haben wir noch: Erstens verhandeln wir mit dem Vermieter, ob wir die Ladenfläche verkleinern dürfen. Dann würden wir die Kühltheke, die Bäckerei und die Metzgerei erhalten. Zweites haben wir der Bäckerei, die nebenan eine Filiale hat, angeboten, diese Räume zu übernehmen und dafür künftig unser Brot von dieser Bäckerei zu beziehen. Beide Gespräche sind noch nicht abgeschlossen. Es gibt also noch Hoffnung", versichert Walter. Die sieben Mitarbeiter würden ihre Jobs auf jeden Fall behalten und in andere Filialen versetzt. Ingrid Bigalke, eine gehbehinderte Frau, die gerade bei Judith Pils bezahlt, drückt die Daumen. "Dieser Markt ist für uns Ältere auf dem Eschberg nicht so einfach verzichtbar."Die Einkaufsmöglichkeiten auf dem Eschberg sind begrenzt. Nur wenige Geschäfte sind bequem zu Fuß zu erreichen. Die SZ fragte ältere Menschen, was es für sie bedeuten würde, wenn der Frischmarkt zumachen müsste.

Für Manfred Hoppstädter wäre die Schließung des Frischmarktes ein großes Problem. "In Discount-Geschäfte gehe ich nicht so gerne. Ich finde, dort sind die Waren oft nicht so schön sortiert. Außerdem bietet der Frischmarkt einen kostenlosen Getränkelieferservice an, was sehr praktisch ist, denn dann muss man die schweren Flaschen nicht schleppen", erklärt der 90-Jährige. Weiter gibt er zu bedenken: "Ich fahre zweimal wöchentlich in die Innenstadt, um dort Einkäufe zu erledigen. Da ich jedes Mal ein Taxi nehmen muss, geht das ganz schön ins Geld." Busfahren mit schweren Einkäufen findet der Rentner unangenehm und sehr anstrengend.

Der 87-jährige Karl-Heinz Becker schätzt sich glücklich, denn er ist mobil, und es ist ihm möglich, in andere Frischmärkte auszuweichen. "Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass viele ältere Leute ihre Probleme mit der Frischmarkt-Schließung haben werden. Dann sind die Leute doch gezwungen, in andere Geschäfte zu gehen."

Auch die Eschbergerin Maria Knörr kann glücklicherweise mit ihrem Auto noch andere Frischmärkte erreichen. Trotzdem bedauert die 73-Jährige die drohende Schließung des Marktes am Brandenburger Platz sehr. Knörr fragt: "Was passiert eigentlich mit den Angestellten? Dort arbeiten eher ältere Leute, die finden dann wahrscheinlich keine neue Arbeit mehr." Zum Glück ist das aber nicht so - wie Schröder-Geschäftsführer Willi Walter der SZ erläuterte (siehe Text oben).

Rentner Franz Korpys ist der Meinung, dass der Frischmarkt allein aus Konkurrenzgründen bleiben müsste. "Wenn der Frischmarkt schließt, hat der Discounter eine Monopolstellung hier oben." Der 79-Jährige sagt, er bleibe zum Einkaufen oft auf dem Eschberg, damit der Frischmarkt weiterhin bestehen könne. "Es täte mir Leid, und es wäre auf jeden Fall ein Verlust, wenn der Frischmarkt zumachen müsste. Zwar könnte ich mit meinem Auto auf andere Märkte ausweichen, aber viele alte Leute, die hier oben wohnen, werden dann ein großes Problem damit haben", fürchtet der Eschberger.

"Direkt vor meiner Haustür hält zum Glück der Bus, der mich von A nach B bringt", erklärt Wolfgang Seibert. Weiter fügt er hinzu: "Damit fahre ich zum Saarbasar, und wenn die Einkäufe schwerer sind, nehme ich meinen Einkaufstrolley mit. Das funktioniert gut." Für viele Leute wäre es trotzdem schade, wenn der Frischmarkt aufgeben müsste, denn auf dem Eschberg seien die Einkaufsmöglichkeiten begrenzt, und nicht jedermann habe die Option, weitere Wege zum Einkaufen auf sich zu nehmen, bemerkt der 68-Jährige.

Anni Hoffmann ist immer noch schockiert: "Erst kürzlich habe ich davon erfahren, dass der Frischmarkt schließen soll", bedauert die 86-Jährige: "Es wäre schön, wenn man dafür eine Lösung finden könnte und ein neues Geschäft reinkommen würde." Zwar fällt es der Rentnerin noch leicht, die Strecke bis zum Saarbasar mit ihrem Einkaufstrolley zu bewältigen, doch spielt das Wetter im Winter nicht immer mit: "Wenn die Straßen glatt sind, kann ich den Berg nicht runterlaufen. Der Frischmarkt hat Waren immer kostenlos geliefert. So etwas wird es dann leider nicht mehr geben."

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