„Es braucht Leute, die was bewegen wollen“

Saarbrücken · Der Fotograf Jörg Karrenbauer ist in London erfolgreicher als in seiner Saarbrücker Heimat. Der Künstler, der bei Villeroy & Boch im Marketing arbeitet, bekam gerade beim Opus-Kunstpreis eine Anerkennung. In Saarbrücken organisiert er Ausstellungen in einem unkonventionellen Raum, dem „Sali e tabacchi“ in der Feldmannstraße. SZ-Redakteurin Ilka Desgranges traf Karrenbauer zum Interview.

 Aus London hat Jörg Karrenbauer die Fotografen-Kollegin Astrid Schulz für eine Ausstellung eingeladen. Sie zeigt ihr skurriles Projekt „Hairdressers“. Foto: Schulz

Aus London hat Jörg Karrenbauer die Fotografen-Kollegin Astrid Schulz für eine Ausstellung eingeladen. Sie zeigt ihr skurriles Projekt „Hairdressers“. Foto: Schulz

Foto: Schulz
 Jörg Karrenbauer. Foto: Karrenbauer

Jörg Karrenbauer. Foto: Karrenbauer

Foto: Karrenbauer

Sie fotografieren ausschließlich in Schwarz-weiß. Was ist der Reiz daran?

Jörg Karrenbauer: Mit 16 Jahren habe ich meine ersten Gehversuche mit Fotografie gemacht, natürlich auch mal farbig, aber Schwarz-Weiß hat mich gleich in die richtige Richtung gebracht. Die Reduktion auf das Wesentliche hat mich fasziniert. Ich habe ja nur Kontrast und Komposition als Gestaltungsmittel.

Wie nutzen Sie das Internet zur Vermarktung Ihrer Bilder?

Karrenbauer: Meine Homepage ist meine Visitenkarte auf der ich meine Arbeiten zeige. Und natürlich nutze ich auch soziale Netzwerke wie Facebook. Hier kann ich mit ein paar Klicks eine große Anzahl von Leuten informieren. Ziel ist es, dass sie zu meinen Ausstellungen kommen, um das gedruckte Bild zu sehen.

Das Netz kann den Ausstellungsraum also nicht ersetzen.

Karrenbauer: So ist es. Ich habe noch nie ein Bild direkt über das Netz verkauft. Erst wenn die Leute mal in meiner Ausstellung waren, bekommen sie ein Gefühl für Wirkung und Wertigkeit. Vor sieben, acht Jahren habe ich wieder aktiv angefangen zu fotografieren. Zwischendrin war mal eine Pause aus beruflichen Gründen. Ausschlaggebend war die Fine-Art Fotografie. Es bedeutet: Die Industrie stellt mittlerweile Künstlerpapiere von besonderer Qualität, schwerer Grammatur und mit edlen Texturen zur Verfügung. Bedruckt mit Pigmenttinten halten diese FineArt Papiere mehrere hundert Jahre. In limitierter Auflage kommt ein Hologramm sowie eine Prägung auf Druck und Zertifikat. Somit hat man ein Original geschaffen, das archivfest und werthaltig ist. Aus meiner Sicht ist das ausschlaggebend, dass Fotografie sich mehr in Richtung Kunst bewegt und Sammler anspricht. Also nicht nur Menschen, die sich ein schönes Bild an die Wand hängen möchten, sondern welche, die eine Wertsteigerung erwarten.

Sie sind in Saarbrücken geboren und leben auch hier. Sie schätzen aber auch London und orientieren sich dorthin.

Karrenbauer: Auf dem Weltkunstmarkt steht Großbritannien nach USA und China auf Platz drei - Deutschland ist mit unter 1,5 Prozent Anteil weit abgeschlagen. Das war für mich ausschlaggebend dafür, dass ich seit vier Jahren versuche, in London aktiv zu werden mit Ausstellungen. Mittlerweile bin ich dort erfolgreicher als hier.

Und wo stellt man in London aus? Es ist ja wohl nicht so einfach, eine Galerie zu finden.

Karrenbauer: Nein. Ich habe versucht durch die Beteiligung an Wettbewerben in die Szene reinzukommen. Und wenn man einen Wettbewerb gewinnt, kommt schon mal eine Anfrage für eine Ausstellung. Mittlerweile habe ich dort schon ein kleines Netzwerk aufgebaut.

In Saarbrücken nutzen Sie einen kleinen Raum, der im eigentlichen Sinne keine Galerie ist, das "Sali e tabacchi" in der Feldmannstraße.

Karrenbauer: Das ist eine ganz herzige, unkonventionelle Sache. Eine tolle Möglichkeit für Künstler. Da spielt die Bekanntheit auch nicht unbedingt eine Rolle, das ist auch ein Raum für neue Pflänzchen, die etwas ausprobieren wollen.

Im Mai holen Sie eine in England lebende Künstlerin mit Fotografien nach Saarbrücken.

Karrenbauer: Das ist der internationale Kulturaustausch im Kleinen (lacht). Ich habe Astrid Schulz in London kennengelernt, wo sie seit 20 Jahren lebt. Jetzt kommt sie mit ihrer Serie "Hairdressers" nach Saarbrücken. Vielleicht organisieren wir auch mal mit einigen Künstlern aus Saarbrücken in London eine Ausstellung.

Wann ziehen Sie dorthin?

Karrenbauer: Ich bleibe schon dem Saarland treu. London könnte ich mir auch nicht leisten. Es ist halt spannend, immer wieder hinzufahren. Solch kleine Räume, in denen ausgestellt wird, wie in Saarbrücken das "Sali e tabacchi", gibt es dort häufig. Aber wir haben ja auch die Großregion und somit gute Möglichkeiten, interessiertes Publikum herzubekommen.

Es ist also gar nicht so schlecht hier?

Karrenbauer: Wenn man sich mal anschaut: Galerien brauchen verkaufsträchtige Künstler und ein kaufwilliges Publikum. Letztendlich ist es die Frage, will man etwas kommerziell aufziehen oder will man Leute hierher nach Saarbrücken holen, die Spaß an Kunst haben. Oder die Möglichkeit eine unkonventionelle Plattform für Künstler zu schaffen.

Was ist denn für den Fotografen Jörg Karrenbauer der große Vorteil an Saarbrücken?

Karrenbauer: Vielleicht ist es ja nur Heimatgefühl, dass man hier verwurzelt ist und für die Stadt etwas tun möchte. Ich bin da auch ganz unbefangen. Als Fotograf kann ich in Berlin, Bous, Bagdad residieren und mit Ausstellungen weltweit wandern. Außerdem denke ich, Saarbrücken braucht sich nicht zu verstecken. Es hat viel Potenzial, Kunst zu machen und zu präsentieren. Interessante Lokalitäten gibt es und eine prima Lage im Dreiländereck. Es braucht halt Leute, die hier auch etwas bewegen wollen.

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