Erfahrung ist für ZF unverzichtbar 55-jähriger Meister ist noch topfit und will Vorbild sein

Saarbrücken. Die Arbeit am Fließband bei der ZF Getriebe GmbH in Saarbrücken ist hart. Trotzdem stellt der renommierte Autozulieferer die Mitarbeiter ab 50 Jahren nicht aufs Abstellgleis. Denn die werden in Zeiten von Facharbeitermangel und Bevölkerungsrückgang immer wichtiger. "Wir brauchen eine gute Mischung zwischen Alt und Jung

Saarbrücken. Die Arbeit am Fließband bei der ZF Getriebe GmbH in Saarbrücken ist hart. Trotzdem stellt der renommierte Autozulieferer die Mitarbeiter ab 50 Jahren nicht aufs Abstellgleis. Denn die werden in Zeiten von Facharbeitermangel und Bevölkerungsrückgang immer wichtiger. "Wir brauchen eine gute Mischung zwischen Alt und Jung. Die Erfahrung der älteren Mitarbeiter ist sehr wichtig. Die sind oft leistungsfähiger, wenn man sie fordert und fördert", erklärt Personalleiter Wolfhart Haase (Foto: ZF) im SZ-Gespräch. Er gibt aber zu, dass am Fließband wenige über 60 Jahren arbeiten.

Vor drei Jahren habe ZF begonnen, sich mit dem Bevölkerungsrückgang auseinanderzusetzen. Erster Schritt: Die Führungskräfte müssen sich mit dem Thema in Seminaren beschäftigen und ihr Wissen an die Mitarbeiter weitergeben. Haase sieht dringenden Handlungsbedarf für ZF: "Das Saarland ist ein Abwanderungsland. Deshalb wird es immer wichtiger, die Mitarbeiter zu halten." Bisher seien die Abgänger durch 40 Auszubildende jedes Jahr in Produktion und Verwaltung ersetzt worden.

Haase lobt die Belegschaft in Saarbrücken: "Die ist extrem flexibel einsetzbar." Aber der Personalchef hat festgestellt, dass sich 2008 nur noch halb so viele Jugendliche um einen Ausbildungsplatz bei ZF bewarben, als noch im Vorjahr. Damit ist das Konzept, mit Jungen die Abgänger zu ersetzen, langfristig in Gefahr. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an Azubis gestiegen sind und viele Jugendliche die Voraussetzungen nicht mehr erfüllten. Haase: "Wir müssen das selbst in der Ausbildung aufholen." Als Beispiel nennt er eine Lernfabrik, in der die Produktion simuliert werde.

Werden denn ältere Mitarbeiter überhaupt noch geschult? Natürlich, sagt Haase. Bei ZF werde unabhängig vom Alter den Mitarbeitern ein Personalentwicklungsgespräch pro Jahr angeboten und auch über Weiterbildungsmaßnahmen gesprochen. "Das lebenslange Lernen ist arbeitsplatzbezogen, nicht altersbezogen."

Die Gesundheitsförderung ist bei Mitarbeitern ab 50 ein wichtiges Thema. Mit Unterstützung eines externen Beraters schaue sich ZF derzeit alle Arbeitsplätze an und entscheide dann bis Mitte 2010, was wo verbessert werden muss. Dazu komme als langfristiger Prozess die Gefährdungs- und Belastungsanalyse, um zum Beispiel auch den psychischen Stress der Mitarbeiter im Auge zu behalten. Ein Fitness-Studio gebe es am Standort Saarbrücken aber nicht: "Diejenigen, die es brauchen, gehen nicht hin, weil sie nicht auch noch ihre Freizeit bei ZF verbringen wollen." Da bietet das Unternehmen doch lieber Gesundheitswochenenden an. Haase hat festgestellt: "Die Älteren werden nicht häufiger, sind aber länger krank." Darum müsse sich ZF kümmern.

Der Personalchef ist überzeugt, dass sich der Autozulieferer mit diesem Maßnahmenpaket fit für die Zukunft macht. Auf die Erfahrung der Älteren wolle ZF in Saarbrücken so lange wie möglich setzen. Saarbrücken. Peter Hoffmann (55) ist ein "alter Hase" bei ZF in Saarbrücken. 25 Jahre hält er dem Unternehmen schon die Treue und hat es bis zum Meister in der Montage und Fertigung gebracht. Seine große Erfahrung ist gefragt. Deshalb zählt Hoffmann zu den Führungskräften, die ZF zum Demografie-Workshop einlud, um sie für die Probleme der alternden Bevölkerung und die Konsequenzen für das Unternehmen zu sensibilisieren.

Hoffmann führt 90 Mitarbeiter und fühlt sich für die auch verantwortlich: "Ich versuche, die Mannschaft fit zu halten. Ich wäre nicht zufrieden, wenn ich das nicht machen würde." In Sachen Fitness ist Hoffmann Vorbild. Deshalb hat er auch keine Scheu davor, seine Mitarbeiter darauf aufmerksam zu machen, dass sie auf ihre Gesundheit achten müssen.

Wer das Alter spürt, wird aber beim Getriebehersteller nicht sofort ausgemustert, sondern zunächst entlastet. Er müsse weniger Anlagen bedienen oder werde an einem Fließband eingesetzt, wo der Produktionsdruck nicht so hoch ist, erklärt der Meister. Hoffmann will seine (Lebens-) Erfahrung an jüngere Kollegen weitergeben. Und wie sieht er seine berufliche Zukunft bei ZF? "Ich will noch ein paar Jahre machen und dann vielleicht in Altersteilzeit gehen." sm

Hintergrund

Bei der ZF Getriebe GmbH arbeiten zurzeit 5375 Mitarbeiter. Das Durchschnittsalter beträgt 42 Jahre (inklusive des Standorts Friedrichshafen), 2001 waren es noch 36,5 Jahre. 18 Prozent der Mitarbeiter sind über 50 Jahre alt, wobei die Zahl der Beschäftigten mit steigendem Alter kontinuierlich sinkt. ZF machte 2008 einen Umsatz von rund 1,75 Milliarden Euro. sm

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