Eine Resolution gegen rechte Aufmärsche

Saarbrücken · Die Versammlung des Regionalverbandes Saarbrücken hat gestern Abend eine Resolution verabschiedet, um den herausragenden Gedenkstättencharakter des Schlosses und des Umfeldes herauszustellen.

. Nachdem der Neujahrsempfang der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD ) im Saarbrücker Schloss auch mit rechtlichen Mitteln nicht verhindert werden konnte, fand es eine breite Mehrheit der Regionalversammlung dringend geboten, die Bedeutung des Saarbrücker Schlosses und des Umfeldes als "Gedenkstätte von historisch herausragender, überregionaler Bedeutung" zu betonen. Bei der Abfassung der Resolution war auch die Verwaltung des Regionalverbandes behilflich. Fraktionen und drei fraktionslose Abgeordnete einigten sich, wie zu erfahren war, in gütlicher Arbeitsatmosphäre auf den Wortlaut. "Wir wollten zeitnah auf die jüngsten Ereignisse reagieren", fasste es Markus Hansen (Piraten) zusammen. Volker Schmidt (SPD ) wünschte sich, dass "alles" getan werden müsse, um NPD-Veranstaltungen im und am Schloss zu verhindern, wobei zwischen den Zeilen die Hoffnung mitschwang, solch eine Resolution möge dabei eine Handhabe bieten. NPD-Mitglied Peter Richter, ein Jurist, teilte allerdings in der Sondersitzung mit, er habe bereits den Neujahresempfang 2016 beantragt. Das sei auch mit noch so vielen Resolutionen nicht zu verhindern. Richter war der einzige, der gegen den Beschluss stimmte, die Alternative für Deutschland (AfD) nahm an der Abstimmung aus einem formalen Grund nicht teil, wie Josef Dörr erklärte. Mehrere Fraktionen kündigten an, ihre Sitzungsgelder - 25 Euro pro Person - zu spenden, SPD und Linke etwa an die Synagogengemeinde.

Polina Bortkova

Der Kernsatz der Beschlusses lautet: "Die Regionalversammlung bekennt sich zur historischen Bedeutung dieses Ortes und ihrer damit verbundenen Verantwortung. Sie erklärt, dass vom Schlossplatz nie wieder zu Hass und Verfolgung von Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft, religiösen Überzeugung, sexueller Orientierung oder kulturellen Identität aufgerufen werden darf."

Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD ) hielt in aller Namen sozusagen die Begründungsrede für die Resolution. Er erinnerte an das Schloss als Sitz der Gestapo-Leitstelle (1935 bis 1944) und folglich der nationalsozialistischen Unterdrückung von Saar, Pfalz und Moselle. Das Schloss habe als Inbegriff des NS-Terrors gegolten, der "mechanisch, bürokratisch und ohne menschliche Herzlichkeit" seine Opfer getötet habe. Der Schlossplatz sei wiederholt Sammelstelle für den Abtransport saarländischer Juden gewesen. Gillo erinnerte an die 1927 geborene Ukrainerin Polina Bortkova, die als 15-Jährige zur Zwangsarbeit im Burbacher Reichsbahn-Ausbesserungswerkes verschleppt worden war. Sie schloss sich dem Widerstand an und landete in der Gestapo-Arrestzelle im Schloss. Nach sechs Wochen Haft "wegen einer Sache", so ihre in die Tür gekratzte Inschrift, kam sie in mehrere Konzentrationslager. Sie überlebte, kam nach 50 Jahren im Februar 1993 zurück nach Saarbrücken und bedankte sich beim Regionalverband dafür, "dass Sie alle und alles über uns bewahrt haben und dass sie das Andenken an alle Zugrundegegangenen ehren". Neben dir erwähnten Zelle mit ihren zahlreichen Inschriften von Zwangsarbeitern erinnert an der Schlosstreppe ein Gedenkstein an die Opfer des NS-Regimes. Ein "unsichtbares Mahnmal" auf dem Schlossplatz sind die 2146 an der Unterseite beschrifteten Pflastersteine, die an die bis 1933 in Deutschland existierenden jüdischen Friedhöfe erinnern. Sie wurden von Studierenden gestaltet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort