Eine kunstvolle Robe voller Gedanken
Saarbrücken · Nach fast 20 Jahren ist Leslie Hupperts Stoff-Skulptur „The Robe“ in der Johanneskirche wieder zu sehen. Die Arbeit war eines der ersten Internet-basierten Kunstprojekte.
Was passte besser zu Pfingsten, dem Fest des Heiligen Geistes, als ein Projekt, das Gefühle, Hoffnungen, Gedanken und persönliche Erlebnisse von Menschen aus der ganzen Welt in einem einzigen Kunstobjekt konzentriert? In einem energetischen "Gedankengewebe", wo Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprachen sich frei begegnen und verstehen?
Zur Nacht der Kirchen wird nun nach fast 20 Jahren Leslie Hupperts Skulptur "The Robe" wieder in der Johanneskirche zu sehen sein, für eine Dauer von sechs Wochen.
Die Initiative ging von Citykirchen-Pfarrer Herwig Hoffmann aus, der die Skulptur als künstlerisch-spirituellen Beitrag zu Frieden und Völkerverständigung begreift: "Dieser Resonanzraum hat etwas Verbindendes und setzt ein gutes Zeichen in der heutigen Zeit, wo die Welt auseinander zu driften droht."
Die Idee hinter Hupperts Diplomarbeit "The Robe", einem der ersten Internet-basierten Kunstprojekte , scheint aktueller denn je. 1995 begann die bildende Künstlerin, Menschen weltweit via Internet zu kontaktieren und sie um ein symbolträchtiges Kleidungsstück zu bitten, mit dem sie eine wichtige Erinnerung verbinden. "Das war so berührend", sagt Huppert. "Die Leute haben mir ja ihr Innerstes geschickt."
Günther Wallraff etwa spendete seine Lieblingsjeans und die Hose, die er als BILD-Reporter Hans Esser trug; Ole (Lama) Nydhal übermittelte ein Stück Armeehose als Beispiel für die militärischen Konflikte in der Welt. Ergänzend bat Huppert um einen handschriftlichen Text, der die Bedeutung der Kleidung erklärt.
Die Stoffstücke, die Huppert als Symbol für Haut versteht, wurden auf der Innenseite einer großen Plane aus Hanfstoff aufgenäht, die wiederum von Draht in Form gehalten wird. 1997 war "The Robe" fertig - ein archaisch anmutendes, begehbares Zelt-Objekt von 15 Metern Höhe, 25 Quadratmetern Außenfläche und geschätzten 250 Kilogramm Gewicht, dessen innere und äußere Anmutung sich je nach Lichteinfall ändern.
Die handschriftlichen Texte schweben, zu Papierrollen geformt, unerreichbar weit oben, können jedoch auf der Internetseite des Projekts nachgelesen werden - hier ist die gesamte Entstehungsgeschichte dokumentiert.
Für die von der Kirchenstiftung finanzierte Wiederaufnahme des Projekts hatte Huppert nun eigens einen neuen Aufruf gestartet. Seit April wurden rund 40 weitere Stoffstücke aufgenäht, am Dienstag zog eine Dachdeckerfirma die Skulptur vorsichtig hoch. Den ursprünglichen Gedanken, "The Robe" auf Reisen zu schicken, konnte Huppert bislang nie realisieren - nun will sie die Idee nochmal angehen.
Vernissage: Sonntag, 15. Mai, 20 Uhr, Nacht der Kirchen. Bis 24. Juni. Infos: www.the-robe.net; Begleitprogramm unter www.ev-stjohann.de/the-robe