Eine Kooperation, die überzeugt

Saarbrücken · Eine gelungene und sprachlich verblüffend modern wirkende Inszenierung haben Studenten dreier Saar-Hochschulen am Dienstag und Mittwoch in der Alten Feuerwache gezeigt. Dafür gab es dreimal volles Haus.

 Überzeugten in der Alten Feuerwache: Königsgattin Phaedra, dargestellt von Jannica Hümbert (rechts), mit ihrer Amme, gespielt von Annina Krause. Foto: Iris Maurer

Überzeugten in der Alten Feuerwache: Königsgattin Phaedra, dargestellt von Jannica Hümbert (rechts), mit ihrer Amme, gespielt von Annina Krause. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Was wurde über Senecas "Phaedra" nicht alles an Abfälligem geschrieben. Bühnenuntauglich sei sie, hieß es über die Tragödie des alten Römers (gestorben 65 n. Chr.), voller dramaturgischer Unstimmigkeiten, ihre Dialoge eher öde Monologe, gekennzeichnet von deklamatorischem Pathos.

Womöglich, schlossen daraus manche Forscher, war der Text, der den Mythos von der vernachlässigten Königsgattin aufgreift, die ihren Stiefsohn begehrt, ihn, weil er sie abweist, verleumdet und sich dann umbringt, gar nicht zur Aufführung gedacht.

Jetzt traten Studierende dreier Saar-Hochschulen - von der Saar-Uni um den Altphilologen Christoph Kugelmeier, von der Musik- und der Kunsthochschule - erfolgreich den Gegenbeweis an. In einer eigenen - um 40 Prozent Text entschlackten - Neuübersetzung aus dem Lateinischen brachten sie das Stück am Dienstag und Mittwoch in der Alten Feuerwache als deutsche Erstaufführung auf die Bühne.

Gelungen ist Nachwuchsregisseur Christoph Klees und allen Mitstreitern eine nicht nur sprachlich verblüffend modern wirkende Inszenierung, die so manche Bühnenversion der klassischen französischen Phaedra nach Racine plötzlich schwerfällig und alt aussehen lässt. Als ein Naturbursche im Holzfällerhemd, der vor der Dekadenz des Stadtlebens flieht, kommt der Stiefsohn Hippolytus (Jan Forster) hier daher. Vergeblich warnt Phaedras Amme (Annina Krause) als Stimme der Vernunft im strengen Businesskostüm ihre Herrin davor, sich diesem "unverbesserlichen Frauenfeind", ja Frauenhasser zu offenbaren.

Phaedra (Jannica Hümbert) scheint hier mit ihrem Geständnis gegenüber dem Stiefsohn weniger ihrem Trieb, ihrem Affekt, als der Wahrheit Genüge leisten zu wollen. Obwohl die Akteure (auch Alexander Schmidt als Theseus, Felix Wiethaus als Bote und Christian Steinborn als Chorführer mit beachtlicher Leistung) sich gemessen und wenig bewegen und oft frontal zum Publikum sprechen, wirkt das Spiel doch nie statuarisch. Mit schlichten Projektionstafeln kreiert das Bühnenbildner-Team der Kunsthochschule um Burkhard Detzler und Florian Penner zugleich zwei Spielräume und einen virtuellen Hintergrund, auf dem Sternenregen und Nebel in einem götterlosen Weltraum schwirren. Sehr passend, denn anders als bei seinem griechischen Vorgänger Euripides spielen die Götter beim Stoiker Seneca kaum noch eine Rolle.

Meditativ-sakrale lateinische Chorgesänge aus dem Off (Komposition: Dorothea Riedl, Raphael Petri) eröffnen immer wieder Momente zum Reflektieren. Begeisterten Applaus und dreimal volles Haus erhielt dieses außergewöhnliche Projekt, das hoffentlich zu weiteren Kooperationen stimuliert.

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