Eine katholische Messe, zum Tanzen schön

Saarbrücken · Tango, Tanz, Leidenschaft: Das gehört unweigerlich zusammen. Wie Kirche und Beten. Doch was, wenn Tango auf Liturgie trifft? Der Trierer Choreograph Reveriano Camil hat das Experiment gewagt und die „Misa Tango“ von Martín Palmeri „vertanzt“. Und nicht nur das. Auch Barockes erhält südamerikanische Rhythmen.

 Leidenschaft pur: Keiko Moriyama und Saeed Hani sowie Natalia Palshina und David Laera (von links) bei den Proben zu „Misa Tango“. Foto: Mechthild Schneiders

Leidenschaft pur: Keiko Moriyama und Saeed Hani sowie Natalia Palshina und David Laera (von links) bei den Proben zu „Misa Tango“. Foto: Mechthild Schneiders

Foto: Mechthild Schneiders

Sie halten sich im Arm. Tanzen Tango . Akkurat die Schritte, vollendet die Drehungen. Völlige Harmonie zum "Kyrie" im Tangostil. Die Paare lösen sich voneinander. Keiko Moriyama tanzt alleine zur melancholischen Musik, die anderen werfen sich vor ihr auf den Boden, heben ihre Arme, ihre Oberkörper, schwingen sich wieder auf die Beine, finden sich als Paare zusammen.

Dann heben Keiko Moriyama und Natalia Palshina ab, lassen sich von ihren Tanzpartnern herumwirbeln. Kaum wieder auf dem Boden heben Saeed Hani und David Laera sie erneut in die Luft. Die jungen Frauen strecken die Beine zum Spagat, landen sanft auf dem Boden, drehen nach rechts ab. Die Männer wenden sich in die andere Richtung, umrunden die Bühne, treffen auf die Frauen, gehen aneinander vorbei. Abrupt bleiben Moriyama und Hani stehen, drehen sich um. "Nice!", ruft Reveriano Camil. "Klasse!" Der ehemalige Tänzer am Theater Trier probt mit vier Tänzern das neue Projekt des Trierer Vereins Tufa-Tanz ein. "Misa Tango ", auch "Misa a Buenos Aires" , basierend auf der gleichnamigen Messe des argentinischen Komponisten Martín Palmeri. Für Camil eine Liebe auf den ersten Ton. Und er will sie nicht nur für die Ohren, sondern auch für die Augen erlebbar machen. Das drängt sich bei der 1996 in Buenos Aires uraufgeführten Messvertonung für Orchester und Chor im Stil des Tango Nuevo geradezu auf. Die Klänge verlangen schier nach tänzerischer Umsetzung.

International wie das Tanzensemble ist auch die weitere Besetzung: der Friedrich-Spee-Chor Trier unter der Leitung von Jan Wilke, das Orchester La Boca des Conservatoire de la Ville de Luxembourg sowie die beiden Mezzosopranistinnen Susanne Ekberg (30. Oktober) sowie Luisa Partridge-Mauro. Zudem ist Werner Grothusmann, Kantor der Christkönig-Kirche in Saarbrücken, zu hören. Insgesamt stehen rund 70 Künstler auf der Bühne.

Auch was die Aufführungsorte betrifft, hat sich das Team um Camil nicht ausschließlich auf Trier konzentriert. Es ist eine enge Kooperation mit dem luxemburgischen Conservatoire eingegangen. Und so ist die Tanztheaterproduktion nicht nur in der Trierer Kirche St. Ambrosius - wo die umjubelte Premiere war -, sondern auch in der Christkönig-Kirche Saarbrücken und im Conservatoire - hier singen dessen Chorale Mixte sowie die Celler Stadtkantorei - zu sehen sein.

Doch bevor die Gäste die Tango-Messe hören und sehen, gibt es Tango-Werke der Luxemburger Komponisten Maurizio Spiridigliozzi und Jeannot Sanavia und - von ihnen ins Tango-Gewand gehüllt - Antonio Vivaldis "Winter" aus den "Vier Jahreszeiten".

Rund vier Wochen lang trainieren die Tänzer täglich. In dieser Zeit hat sich das Stück entwickelt - die detaillierten Figuren entstehen erst in den Proben. Denn Camil lässt den Tänzern den Raum, ihre eigenen Ideen, ihre eigene Art zu tanzen mit hineinzubringen. Immer wieder werden einzelne Sequenzen geübt, bis alle mit den Figuren zufrieden sind. Für den Tänzer David Laera ist der Tango Nueva Neuland. "Ich komme aus dem Tanzsport, habe Erfahrung mit Latein- und Standardtänzen", sagt der Düsseldorfer. Doch für dieses Projekt müsse er komplett umdenken. Und auch die Choreographie Camils sei höchst anspruchsvoll.

Termine: 29., 30. Oktober, 19.30 Uhr, Christkönig-Kirche Saarbrücken. Karten: Ticket-Regional-Vorverkaufsstellen.

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