Eine hölzerne Wolke im Kirchenschiff

Saarbrücken · Träume, Wünsche und Sehnsüchte von tausenden Menschen schweben in der Saarbrücker Johanneskirche. Die „Wooden Cloud“ wird hier fünf Wochen hängen, um sich danach wieder in ihre Einzelteilen aufzulösen.

 Architektur der Wünsche auf hölzernen Datenträgern. Foto: Maurer

Architektur der Wünsche auf hölzernen Datenträgern. Foto: Maurer

Foto: Maurer

Ein holzgeflochtener Kranz scheint in der Apsis der Johanneskirche zu schweben, gewaltig und filigran zugleich. Das Licht, das durch die rot verglasten Kirchenfenster hindurch scheint, leitet er weiter, wirft mit den Bewegungen der darunter wandelnden Besucher ein Netz aus Schatten auf den Boden und die Wände des Chorraums. "Wooden Cloud" heißt die Wolke aus Dachlatten, die sich mit den darunter platzierten Skulpturen und dem gesamten Kirchenschiff zu einer harmonischen "Architektur der Wünsche" verbindet. Kein Kunstwerk zum Anschauen, sondern eins zum Erleben, wie Citykirchen-Pfarrer Herwig Hoffmann am Freitag anlässlich der Vernissage feststellte, die musikalisch von der Bratschistin Monika Bagdonaite umrahmt wurde. Mit einer Performance war das Projekt der beiden Bildhauer Martin Steinert und Werner Bärmann an Pfingsten bei der Nacht der Kirchen gestartet. Damals ragte nur das blanke Trägergerüst über Bärmanns Buntsandstein-Figuren; Kirchenbesucher waren aufgefordert, nackte Holzleisten, aus denen Steinert anschließend die Wolke konstruierte, mit ihren Wünschen, Sehnsüchten und Hoffnungen zu beschriften.

Seither haben sich weit über 1000 Menschen an dem vierwöchigen Schaffensprozess beteiligt - Hoffmann nannte es eine "hervorragende Idee", die Bürger das Kunstwerk mitgestalten zu lassen. Dritter im Künstler-Bunde ist der Fotograf André Mailänder, der jeden einzelnen Holzstab und jeden Entwicklungsschritt im Bild festhielt, um die Entstehung des Projekts zusammen mit Porträts einzelner Teilnehmer, Kommentaren und Erlebnisschilderungen in einem Buch zu dokumentieren. Dabei ist die Installation in der Johanneskirche nur Auftakt für das internationale Projekt "Wooden Cloud", das innerhalb der nächsten zwei Jahre unter anderem in Berlin und New York und anderen Metropolen weitergeführt werden soll. Auch hierzu ist jeweils eine Buchpublikation geplant. Kirche, Kommunikation, Kultur und Kontemplation: In ihrer Laudatio verwies die Kunsthistorikerin Ingeborg Besch auf die Vergänglichkeit des hölzernen Ausgangsmaterials und zog Analogien zur flüchtigen virtuellen Cloud - tatsächlich soll die Wolke nach fünf Wochen Ausstellungsdauer im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst am 26. Juli demontiert, an Interessenten verteilt und Reste im Kirchgarten verbrannt werden.

Wooden Cloud: bis 26. Juli, täglich geöffnet außer Montag von 15 - 18 Uhr

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