Eine Einkaufsmeile als das „Schaufenster des Lebens“

Jeder, wirklich jeder hat irgendetwas hier erlebt, was er nicht vergisst“, schwärmt der Saarbrücker Stadtarchivar Hans-Christian Herrmann über die Saarbrücker Bahnhofstraße – eine Meile der Superlative, denn sie ist die erste, die größte und bis heute bedeutendste Einkaufsstraße im Saargebiet. Ihren Aufschwung hatte die Bahnhofstraße (die 1864 ihren Namen erhielt) 1852 mit dem Bau des Bahnhofes St.

 In den 1960ern waren die Saarbrücker Stadtplaner bestrebt, eine autogerechte Stadt herzurichten. Die automobile Gesellschaft zeigte hier gern, was sie sich leisten konnte, eine Flaniermeile der prächtigsten Wagen.

In den 1960ern waren die Saarbrücker Stadtplaner bestrebt, eine autogerechte Stadt herzurichten. Die automobile Gesellschaft zeigte hier gern, was sie sich leisten konnte, eine Flaniermeile der prächtigsten Wagen.

 Dieses Foto von der noch sehr beschaulichen Bahnhofstraße entstand 1890 und zeigt die Straßenbahn in Höhe der heutigen Stadtapotheke/Zugang Diskontopassage.

Dieses Foto von der noch sehr beschaulichen Bahnhofstraße entstand 1890 und zeigt die Straßenbahn in Höhe der heutigen Stadtapotheke/Zugang Diskontopassage.

 1962 an der Ecke Bahnhofstraße/Viktoriastraße/Dudweilerstraße. Die schicke DS von Citroën steht für den Aufschwung, im Hintergrund klaffen aber auch noch Wunden aus dem Krieg. Foto: Karl-Heinz Porn

1962 an der Ecke Bahnhofstraße/Viktoriastraße/Dudweilerstraße. Die schicke DS von Citroën steht für den Aufschwung, im Hintergrund klaffen aber auch noch Wunden aus dem Krieg. Foto: Karl-Heinz Porn

Foto: Karl-Heinz Porn
 Als in der Bahnhofstraße der Verkehr toste, fand der auf Erholung bedachte Passant etwas Ruhe auf der Berliner Promenade. Beide Wege ergänzten sich in ihrer Andersartigkeit.

Als in der Bahnhofstraße der Verkehr toste, fand der auf Erholung bedachte Passant etwas Ruhe auf der Berliner Promenade. Beide Wege ergänzten sich in ihrer Andersartigkeit.

 Der Beruf des Dekorateurs und Schaufenstergestalters erlebte in der Bahnhofstraße seine Blüte. Wahre Künstler durften hier die erlesenen Waren präsentieren. Alle Fotos: Stadtarchiv

Der Beruf des Dekorateurs und Schaufenstergestalters erlebte in der Bahnhofstraße seine Blüte. Wahre Künstler durften hier die erlesenen Waren präsentieren. Alle Fotos: Stadtarchiv

 Mit Zeitungsinseraten lockten die Kaufleute der Bahnhofstraße die Leute auch von weit her nach Saarbrücken.

Mit Zeitungsinseraten lockten die Kaufleute der Bahnhofstraße die Leute auch von weit her nach Saarbrücken.











Johann begonnen. Die Züge brachten immer mehr Menschen und Unternehmergeist in die Stadt. Sie war wie ein Magnet, dessen Anziehungskraft wuchs und wuchs.

Hier gab es immer alles früher als in den Orten im Umland und alles in größerer Auswahl und Qualität: die erste chemische Reinigung 1895, den ersten amerikanischen Zahnarzt, der mit Lachgas operierte (aber nur bis 1913), 1968 den ersten Sexshop, in jüngeren Tagen die Pioniere der Fastfood-Industrie und des Mobilfunks. Die Bahnhofstraße sorgte in den 1960ern bundesweit für Furore, als ihre Händler "französische Wochen" ausriefen und die Trikolore vor den Läden hissten.

Familien waren entzückt vom Sortiment der Kaufhäuser, die unter einem Dach alles "für die Dame, für den Herrn, für das Kind" boten. Und wo man auch, anders als auf dem Land, nicht schräg angeschaut wurde, wenn man einmal nichts kaufte. Die Bahnhofstraße war aber auch Flaniermeile und gesellschaftlicher Mittelpunkt, wo man sich zum Rendezvous traf und den Wunschpartner fürs Leben ins Café ausführte.

Sie war und ist, wie Herrmann auf den Punkt bringt, "Schaufenster des Lebens". Zum 150. Geburtstag im nächsten Herbst will das Stadtarchiv der einzig wahren 1-a-Straße im Lande eine Ausstellung und ein dickes Buch widmen.

Viele Geschichten sind im Werden, viele Bilder schon gesichtet. Die Verantwortlichen sitzen aber auch noch etwas rätselnd vor weißen Flecken, die dank der Hilfe von (ehemaligen) Unternehmern, Mitarbeitern oder Kunden geschlossen werden können.

Gesucht werden Erlebnisse, Geschichten und Fotos, etwa über das prächtige Kinderkaufhaus von Karl und Maria Duschka (1960 bis 1991), über die Spezialgeschäfte für Schirme (bis in die 1950er Jahre ein unverzichtbarer Begleiter des "gepflegten Herrn"), über die künstlerisch hochbegabten Schaufensterdekorateure, über die Hausmeister und über die Detektive. Einer hieß August Schließmeier und nannte sein Geschäft "Scharfsinn".

Jeder, der Interessantes über die Bahnhofstraße beitragen möchte, ist willkommen und wendet sich an: Stadtarchiv Saarbrücken, Deutschherrnstraße 1, 66117 Saarbrücken, Tel. (0681) 905-1258, E-Mail-Adresse: stadtarchiv@saarbruecken.de.



saarbruecken.de


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