Ein unterschätzter Krankmacher

Saarbrücken · Überdurchschnittlich viele Autos, aber wenig Feinstaub. Eine gute Nachricht? Ja und Nein. Auch wenn bei Feinstaub Grenzwerte unterschritten werden, ist die Gefahr durch die Partikel trotzdem nicht gebannt.

 An der Messstation in der Mainzer Straße werden meist hohe Feinstaubkonzentrationen ermittelt. Archivfoto: Dietze

An der Messstation in der Mainzer Straße werden meist hohe Feinstaubkonzentrationen ermittelt. Archivfoto: Dietze

Sie sind winzig - klein wie Bakterien. Sie schweben in der Luft und transportieren giftige Schadstoffe . Feinstaub : Er entsteht meist aus Verbrennungsprozessen zum Beispiel in Autos oder in Heizungen in Wohnhäusern.

Das Bundesumweltamt warnt, dass das Einatmen von Feinstaub "negativ auf den Gesundheitszustand des Menschen wirkt". Dies sei nicht nur dann der Fall, wenn sich an der Oberfläche von Stäuben gefährliche Stoffe wie Schwermetalle oder krebserzeugende sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern. Auch die Staubpartikel selbst stellen ein Gesundheitsrisiko dar: Je kleiner die Staubpartikel sind, desto größer ist das Risiko zu erkranken. Kleine Partikel dringen nämlich tiefer in die Atemwege ein als größere. Dadurch gelangen sie in Bereiche, von wo sie beim Ausatmen nicht wieder ausgeschieden werden. Sie gelangen so bis in den Blutkreislauf. Mögliche Erkrankungen sind Schleimhautreizungen und lokale Entzündungen in Luftröhre, Bronchien oder Lunge mit einer verstärkten Plaquebildung in den Blutgefäßen, einer erhöhten Thromboseneigung oder Veränderungen der Regulierungsfunktion des vegetativen Nervensystems - warnt das Bundesumweltamt.

Doch was hat Feinstaub mit Saarbrücken zu tun? Viel. Saarbrücken hat eine der höchsten Autodichten Deutschlands, täglich rollen hunderttausend Pendler hierher zur Arbeit. In der unmittelbaren Nähe der Stadt gibt es Kraftwerke und Industrie - und dennoch ist hier die Feinstaubbelastung relativ moderat.

Für Feinstaub gibt es, wie bei fast allem, was krank macht, Grenzwerte. Feinstaub wird nach der Größe der Teilchen eingeteilt. PM 10 sind Teilchen mit einem maximalen Durchmesser von 10 Mikrometern. Für diese Teilchen gilt seit 2005 der Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter, was 0,00005 Gramm entspricht. Dieser Tageswert darf im Jahr nicht mehr als 35-mal überschritten werden. Im Jahresmittel liegt der Grenzwert bei 40 Mikrogramm.

PM 2,5 sind Kleinstteilchen mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 Mikrometern. Hier liegt der Grenzwert bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresmittel.

Die höchsten Konzentrationen an Schadstoffen werden in Saarbrücken in der Mainzer Straße, Ecke Paul-Marien-Straße gemessen. Dort wurde der PM 10-Tagesmittelwert im vergangenen Jahr siebenmal überschritten (35-mal wäre erlaubt), so Zahlen des saarländischen Umweltministeriums. Die Jahresauswertung für 2015 habe noch nicht stattgefunden, aber sie dürfte ähnlich gering sein wie 2014. Dort lag der Wert bei 22 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch beim Feinstaub der Größe PM 2,5 werden die Grenzwerte nicht erreicht. Sie lagen 2014 im Jahresmittel bei zwölf Mikrogramm pro Kubikmeter.
Stetig gesunken

In Saarbrücken ist die Feinstaubbelastung in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. 1991 lag das PM 10-Jahresmittel noch bei 68 Mikrogramm pro Kubikmeter. In chinesischen Städten wurden kürzlich Werte von über 200 Mikrogramm gemessen. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die dominierende Staubquelle. Dabei gelange Feinstaub nicht nur aus Motoren - vorrangig aus Dieselmotoren - in die Luft, sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche.

Für das saarländische Umweltministerium sind die guten Werte ein Grund, sich zurückzulegen: "Vor dem Hintergrund dieser Werte, die deutlich unter den Grenzwerten liegen, sind zurzeit keine weiteren Maßnahmen zur Reduzierung der Feinstaubimmissionen geplant", so die Antwort aus der Pressestelle. Warum die Werte in Saarbrücken trotz der vielen Autos hier so moderat sind, während andere Städte Probleme haben, wie zu Beispiel Stuttgart, dass bis November die Grenzwerte schon 52-mal überschritt, darüber habe man keine "wissenschaftlichen Hintergründe". Tatsächlich hängt die Belastung unter anderem von der geografischen Lage ab (Stuttgart liegt zum Beispiel ungünstig in einem Kessel) und von Witterungs- oder Klimabedingungen.

Sich angesichts der guten Zahlen zurückzulegen, ist beim Feinstaub allerdings unangebracht: Anders als zum Beispiel bei vielen anderen Schadstoffen gibt es bei Feinstaub keine Grenze, ab der er für den Menschen keine schädlichen Auswirkungen mehr hat. Heißt: Auch wenn die Konzentration in der Luft unter den Grenzwerten liegt, macht er immer noch krank, warnt das Umweltbundesamt .

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