„Ein Spiel mit dem Feuer“

Eugen Roth, höchster Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes im Saarland und Vize-Chef der Saar-SPD, drängt die Landesregierung dazu, sich im Bund für eine andere Steuerpolitik einzusetzen. Dies sei vor allem Aufgabe der Ministerpräsidentin, sagte Roth im Gespräch mit SZ-Redakteurin Nora Ernst.

 Eugen Roth sitzt seit 2004 für die SPD im Landtag. Gleichzeitig vertritt er die Interessen der DGB-Gewerkschaften – eine Doppelrolle, die ihm auch Kritik einbringt. Foto: Becker&Bredel

Eugen Roth sitzt seit 2004 für die SPD im Landtag. Gleichzeitig vertritt er die Interessen der DGB-Gewerkschaften – eine Doppelrolle, die ihm auch Kritik einbringt. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Herr Roth, der Städte- und Gemeindetag hat dem Kommunalpakt des Landes zugestimmt. Die Bürgermeister kritisieren jedoch, dass das Land einen Teil des Bundesgeldes, das für die Kommunen gedacht ist, einbehält. Ist das berechtigt?

Roth: Der Kommunalpakt ist ein guter Kompromiss, er trägt die Handschrift der SPD . Die Bürgermeister haben offenbar nicht verstanden, dass es wenig bringt, hier zu protestieren, dafür müssten sie nach Berlin fahren. Das eigentliche Problem ist das ungerechte Verteilungssystem zwischen den Ländern.

Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) fordert, die Kommunen müssten zehn Prozent der Stellen abbauen. Ist das angemessen?

Roth: Nein. Ich mag Bouillons kernige Herangehensweise, aber er sollte nicht vergessen, woher er kommt. Pauschal einen solchen Stellenabbau zu fordern, obwohl er selbst in seiner Zeit als Bürgermeister von St. Wendel massiv Stellen geschaffen hat, ist fehl am Platz.

Laut dem Junkernheinrich-Gutachten haben die saarländischen Kommunen im Vergleich zu den anderen Flächenländern aber elf Prozent mehr Mitarbeiter.

Roth: Aber es ist völlig unsinnig, in einem reichen Land wie Deutschland die Kommunen kaputtzusparen. Kürzungen sind zwar notwendig, um die Verwaltung an den demografischen Wandel anzupassen. Aber wir müssen auch auf der Einnahmenseite etwas tun. Kurzfristig brauchen wir eine gerechtere und solidarischere Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, langfristig eine gerechtere Steuerpolitik .

Was bedeutet es für das Saarland, wenn bis 18. Juni keine Einigung bei den Finanzverhandlungen steht?

Roth: Es muss bis zum Sommer eine Lösung gefunden werden. Wenn Länder wie Bayern sich weiterhin querstellen, kommt das undemokratischen Kräften zugute, nach dem Motto, die herrschenden Parteien kriegen nichts hin. Das ist ein Spiel mit dem Feuer. Leider scheint die Landesregierung bei den Verhandlungen eher defensiv aufzutreten. Wir sind im Saarland keine Bittsteller, wir haben Anspruch auf solidarische Unterstützung, so wie wir sie selbst auch über Jahrzehnte anderen in Milliardenhöhe gewährt haben, zum Beispiel Bayern.

Sie sagen, Sparen allein reicht nicht. Was ist in puncto Einnahmenverbesserung bislang passiert?

Roth: Bei den Spitzengesprächen zwischen Landesregierung und Gewerkschaften gibt es auch eine Arbeitsgruppe "Einnahmenverbesserung". Allerdings sind wir dort bisher auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen, etwa bei der Erbschaftssteuer. Aber in vorderster Linie ist es Aufgabe der Ministerpräsidentin, sich beim Bund für eine neue Steuerpolitik einzusetzen.

Wie stehen die Chancen dafür?

Roth: Weder CDU noch SPD im Bund trauen sich an das Thema ran, weil die Grünen bei den Bundestagswahlen damit auf die Nase gefallen sind. Das ist bedauerlich, langfristig bräuchten wir auch wieder eine Vermögenssteuer - die Spitzenvermögen explodieren, was volkswirtschaftlich unsinnig, ja schädlich ist.

Linken-Chef Oskar Lafontaine kritisiert, die Gewerkschaften seien zu zahm, was auch an Ihrer Doppelrolle als DGB-Chef und SPD-Vize liege.

Roth: Die DGB-Vorsitzenden waren im Saarland seit den 60er Jahren auch Abgeordnete im Parlament. Als Lafontaine Ministerpräsident war, hat ihn das nicht gestört. Natürlich bin ich parlamentarisch nicht ganz so frei, wie wenn ich völlig von der Politik losgelöst wäre, aber unterm Strich erreiche ich mehr für die Arbeitnehmer. Ich kann bis ins Parlament hinein direkten Einfluss ausüben. Darüber müssten sich eher die Arbeitgeber beschweren. (lacht)

Land und Gewerkschaften haben sich kürzlich auf höhere Beamtengehälter geeinigt. Warum waren Sie über die Haltung des Richterbundes bei den Verhandlungen so verärgert?

Roth: Das ging nicht nur mir so, sondern allen Teilnehmern des Spitzengesprächs. Wir haben einen Mindestbetrag von 75 Euro für die unteren und mittleren Einkommensgruppen bis A 11 tabellenwirksam durchgesetzt. Das wollten die Richter nicht mittragen, mit der Begründung, dass sie diese Gruppen dann quersubventionieren würden - eine zutiefst unsolidarische Einstellung.

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