Ein schwerer Gang bis zum Gong

Saarbrücken · Die Abiturprüfungen 2016 haben im Saarland begonnen. Gestern wurde das Hörverstehen in den Fächern Spanisch und Italienisch geprüft. Die SZ hat Schüler und Lehrer des Saarbrücker Otto-Hahn-Gymnasiums am Tag der Prüfung begleitet.

 Hochkonzentriert in Raum 202: Am Saarbrücker Otto-Hahn-Gymnasium haben sich gestern sechs Schüler den schriftlichen Abiturprüfungen 2016 gestellt. Foto: Iris Maurer

Hochkonzentriert in Raum 202: Am Saarbrücker Otto-Hahn-Gymnasium haben sich gestern sechs Schüler den schriftlichen Abiturprüfungen 2016 gestellt. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Sie warten auf kaltem Beton. Um sie herum: der Saarbrücker Landwehrplatz. Der 17-jährige Furkan Güdül und seine Mitschüler blättern noch schnell im Spanisch-Wörterbuch. Vor ihnen ragt das Saarbrücker Otto-Hahn-Gymnasium (OHG) in den Himmel.

Es ist Mittwoch, 13. April. Für die meisten ein Tag wie jeder andere. Für 3937 Schüler im Saarland - davon 2863 am Gymnasium - ist es der Beginn einer entscheidenden Phase in ihrem Leben. Nach den Abiturprüfungen in Musik und Kunst, die bereits an diesem Montag stattfanden, stehen nun die schriftlichen Prüfungen an, die bis zum 2. Mai andauern. Die mündlichen sind für die Zeit vom 13. bis 22. Juni angesetzt. Spanisch- und Italienisch-Hörverstehen - das steht zum Auftakt auf dem Programm. Für alle Schulen zeitgleich um 15 Uhr. Der zweite Teil des schriftlichen Spanisch- bzw. Italienisch-Abiturs folgt dann am 25. April. Seit einigen Jahren wird die Hörverstehensprüfung aus akustischen Gründen separat abgenommen.

Bei der 16-jährigen Damla Celik liegen die Nerven blank. Genau wie ihr Mitschüler Furkan und vier weitere Schulkameraden muss sie sich heute am OHG beweisen, in Raum 202. Er ist mit vier Aktivboxen an jeder Ecke ausgestattet, damit alle Schüler die sechsminütige Aufnahme am Tag der Prüfung gleich gut verstehen können.

Es ist 14.45 Uhr. Das Gebäude ist leer, kein Schüler mehr weit und breit. Zwei Lehrer wachen am Eingang darüber, dass es mucksmäuschenstill bleibt. Im Prüfungsraum reißt Erdkundelehrer Alexander Leinemann ein Fenster auf. Gemeinsam mit Spanischlehrerin Monika Heusinger, die kleine Marienkäfer aus Schokolade verteilt, begleitet er die Prüfung. Die Jugendlichen trudeln langsam ein. Doch wo bleibt Jin Kim? Er kommt etwas später, aber noch rechtzeitig.

Für die 63 Schüler , die in diesem Jahr am OHG ihr Abitur absolvieren, ist ein großer Teil des Weges bereits geschafft. Im zweiten Halbjahr von Klasse 10, die seit der Einführung von G 8 zur Oberstufe zählt, wählen die Schüler ihre fürs Abitur relevanten Kurse. Darunter zwei E-Kurse (Erweiterungskurse), die sich aus den Fächern Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache zusammensetzen. Hinzukommen unter anderem drei prüfungsrelevante Grundkurse. Wer in den letzten vier Halbjahren insgesamt mehr als sieben rote Noten (vier Notenpunkte oder schlechter) auf den Zeugnissen sammelt, wird nicht zur Abi-Prüfung zugelassen. Wie viele es in diesem Jahr an seiner Schule getroffen hat, will Schulleiter Bernd Bauer nicht verraten. Auch das Ministerium hat hierzu noch keine Zahlen.

Es ist kurz vor 15 Uhr. Die sechs Prüflinge nehmen Platz. Die Handys werden für die Dauer der Prüfung aus dem Saal gebracht. Yasemin Igneci hat ihren Füller zu Hause vergessen. Hat noch jemand einen? Auf den offiziellen Abiturdokumenten wird der Bleistift nicht anerkannt. Lehrerin Heusinger erklärt noch einmal die Regeln. Dann wird es ernst. Der Schrank mit den entscheidenden Aufgaben wird geöffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt kennt niemand den Inhalt. Noch nicht einmal die Fachlehrer.

Schulleiter Bauer erklärt, dass die Abitur-Aufgaben unter der Woche in einem 60 bis 70 Jahre alten Tresor lagern. Und wo steht dieser mysteriöse Tresor? "Irgendwo bei uns im Haus", sagt Bauer und lacht. Selbst wenn er geknackt würde, würde das Ministerium Ersatz-Aufgaben passwortgeschützt per E-Mail verschicken, sagt er. Betrüger haben also keine Chance!

Bereits um 15.30 Uhr ertönt der Gong: Die Prüfung ist überstanden. Und wie ist es gelaufen? "Es geht!" Die dritte Aufgabe, bei der es darum ging, stichwortartig auf Fragen zu antworten, fand Furkan schwieriger als die Ankreuz-Übungen von Teil I und II. Doch sie hätten sich insgesamt gut vorbereitet gefühlt, sagen die Sechs unisono. Damla erzählt, dass sie spanische Musik gehört hat. Die 16-jährige Stefanie Ewald schaute Filme. Jin Kim war in den letzten Wochen auf spanischsprachigen Youtube-Kanälen unterwegs. Jetzt habe er nur noch Angst vor dem Politik-Abi. Alle anderen vor Deutsch und Mathe. Und was hat gegen den Stress geholfen? "Schokolade und Blumen." Das gab es zumindest für die 17-jährige Yasemin. Ob der Marienkäfer auch etwas gebracht hat?

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