„Ein Hauch von Vergangenheit“ als Publikumsmagnet

Saarbrücken · Vor vollem Haus stellte Mohsen Ramazani-Mogghaddam am Freitag im Kino Achteinhalb seinen Memoiren-Band „Ein Hauch von Vergangenheit“ vor. Darin geht's um die Szene, die sich 1978 bis 1998 im Gasthaus Bingert traf.

"Immer gegen 22 Uhr befiel die Saarbrücker Linke eine innere Unruhe", das "sichere Gefühl, etwas zu verpassen", trieb sie in Scharen ins Gasthaus Bingert und füllte die Kneipe innerhalb einer Stunde "bis auf den letzten Platz", so heißt es bei Mohsen Ramazani-Mogghaddam. Am Freitag im Kino Achteinhalb ging das noch viel schneller. Mindestens 50 Besucher mussten sich trollen. Der Andrang zur Vorstellung seines Buches "Ein Hauch von Vergangenheit" toppte den zur legendären Szenekneipe des Nauwieser Viertels in ihren glorreichsten Zeiten. "Die hatten alle Angst, dass sie in dem Buch vorkommen!", nannte Bob Ziegenbalg denn auch genüsslich den Grund.

Hinterm Zapfhahn stets die Ruhe selbst, saß Autor Ramazani nun sichtlich nervös auf der Bühne, während Ziegenbalg und sein jüngerer Überzwerg-Kollege Nicolas Bertholet aus seinen lakonischen Erinnerungen an das "Wohnzimmer der Aktivisten sozialer Bewegungen und linker Splitterparteien" von 1978 bis 98 vorlasen - und sämtliche Befürchtungen zerstreuten. Nein, Namen wurden nicht genannt. Stattdessen durfte man häufig und herzlich wiedererkennend lachen, wenn Ramazani mit dem genauen Blick eines Ethnographen die skurrilen politischen Dispute von Trotzkisten, Maoisten, Stalinisten beschrieb sowie die Trink-, Ernährungs- und Balz weisen dieses bei näherer Betrachtung gar nicht so ideologisch verbohrten Milieus.

Das unvergessliche Ritual des Betretens der Kneipe - "quietschende Tür auf, quietschende Tür wieder zu, hinschauen, wegschauen" fehlte da ebensowenig wie die "Internationalen" oder Piafs "Je ne regrette rien" aus der Jukebox, die man hier einspielte, samt Zuruf : "Mach lauter, Mohsen!"

Nein, auch er bereue nichts, sagte der promovierte Physiker am Ende sichtlich bewegt, höchstens das zu leichtfertige Deckel-Aufschreiben. Nach der Lesung zog man natürlich zum Bingert , wo einige der Abgewiesenen sich mit einer Parallel-Lesung aus dem Buch getröstet hatten. Doch es gibt Hoffnung: Am 7. November liest das Trio im Kino Achteinhalb noch einmal.

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