„Ein Gefühl von Weihnachten“

Saarbrücken · Weihnachten zu Hause mit der Familie: Dass das nicht für jeden selbstverständlich ist, hat sich am Wochenende wieder im Saarbrücker E-Werk gezeigt. Dorthin kamen an Heiligabend so viele Menschen wie nie zuvor.

 Auch für Kinder war die 47. Heiligabend-Aktion der Kirche ein Erlebnis: Hier die kleine Johanna beim Murmel-Mikado. Fotos: Becker&Bredel

Auch für Kinder war die 47. Heiligabend-Aktion der Kirche ein Erlebnis: Hier die kleine Johanna beim Murmel-Mikado. Fotos: Becker&Bredel

860 Plätze, neuer Rekord. Bei der 47. Heiligabend-Aktion für einsame oder arme Saarbrücker haben die Veranstalter so viele Plätze hergerichtet wie noch nie zuvor. Voll war es. Ein paar Plätze blieben frei, doch um 15 Uhr an Heiligabend waren schon mehr als 600 Menschen im Saarbrücker E-Werk.

"Und viele kommen erst am Nachmittag für das warme Essen", sagt Diakon Horst-Peter Rauguth, einer der Organisatoren der in Saarbrücken längst zur Tradition gewordenen Weihnachtsveranstaltung. Rauguth sieht den Trend seit Jahren, hat die Veranstaltung "wachsen" sehen. Das spricht einerseits dafür, dass das Angebot gut angenommen wird, aber andererseits auch für den enormen Bedarf.

Es kommt niemand ins E-Werk, der zu Hause mit seiner Familie feierlich Weihnachten begehen kann. Es sind Menschen, die alleine sind, denen die Decke auf den Kopf fällt, die sich nicht mit dem Fernseher trösten wollen oder Menschen, die wenig bis gar kein Geld haben, um auch nur sich selbst eine Freude zu machen.

Johannes gehört dazu, er wohnt in einer Sozialwohnung: "Was soll ich daheim? Mich an alte Tage erinnern? Hier im E-Werk treffe ich wenigstens jemanden und bekomme ein Gefühl von Weihnachten - auch wenn ich am Abend wieder nach Hause muss." Das sagen die meisten hier.

Michaela Metzinger auch. Sie ist bereit, ihren Namen zu nennen, denn sie ist Begünstigte und Helferin zugleich. "Ich bin mit meiner gesamten Wohngruppe hier. Im E-Werk haben wir ein buntes Programm, das wird uns nirgends sonst geboten. Und am Dienstag helfe ich beim Abbau, denn da sind nur wenige freiwillige Helfer da. Der Auf- und Abbau ist nicht so beliebt", sagt sie. Kuchen verteilen Vanessa Klein und Arbresha Hasani aus Völklingen. Klein ist schon oft bei der Heiligabendaktion gewesen, Hasani erstmals dabei: "Ich bin selbstständige Friseurin. Mir geht es gut. Viele wissen gar nicht zu schätzen, was sie haben. Deswegen helfe ich hier."

An Helfern mangelt es nicht, berichtet Rauguth. Und auch Geld sei genug da, der Spendenaufruf habe die Kosten gedeckt: "Wir hatten nur vor zwei Jahren einen Engpass, als Bischof Tebartz van Elst seinen Luxus-Skandal auslöste. Da wollte niemand mehr die Kirche unterstützen. Das hat sich zum Glück gelegt. Die Heiligabend-Aktion ist finanziell gesichert", sagt er und freut sich.

Seine Töchter helfen mit, sie bieten die Kinderbetreuung an. Tanzlehrer Volker Gebhardt hat seine Schüler zu einer Tanzeinlage animiert: "80 Prozent machen spontan mit. Die Bereitschaft ist sehr groß."

Dann singt Kim, eine Koreanerin, das Halleluja, der Zirkus Heck Meck präsentiert eine Feuershow. Die Kinder spielen Murmel-Mikado, ein Japaner, der sich Felix nennt, faltet Origami-Vögelchen.

 So voll wie in diesem Jahr war das E-Werk an Heiligabend noch nie.

So voll wie in diesem Jahr war das E-Werk an Heiligabend noch nie.

 Die Heck-Meck-Feuershow hat den Besuchern imponiert.

Die Heck-Meck-Feuershow hat den Besuchern imponiert.

Weihnachten im E-Werk ist ein großes, friedliches Miteinander von Gästen, die nicht meckern, Bedienungen, die freiwillig arbeiten und Akteuren, die Spaß haben. Ein Fest der Liebe - mitten in der Stadt.

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