Ein erkenntnisreiches Kurzpraktikum

Schwemlingen · Beeindruckt von der Arbeit der Pflegkräfte waren die „Praktikanten“ Reinhold Jost und Edwin Kohl, nachdem sie zwei Stunden lang im Pflegeheim Laurentiushöhe in Schwemlingen mit angepackt hatten.

 Geduldig zog Minister Reinhold Jost einem Bewohner die Socken über. Er absolvierte ein Kurzpraktikum auf der Laurentiushöhe.

Geduldig zog Minister Reinhold Jost einem Bewohner die Socken über. Er absolvierte ein Kurzpraktikum auf der Laurentiushöhe.

 Recht geschickt zeigte sich der Unternehmer Edwin Kohl, der bei seinem Einsatz unter anderem ein Bett frisch bezog. Fotos: Ute Keil

Recht geschickt zeigte sich der Unternehmer Edwin Kohl, der bei seinem Einsatz unter anderem ein Bett frisch bezog. Fotos: Ute Keil

Wie geht es in einem Pflegeheim zu? Welche Arbeiten müssen verrichtet werden? Wie fühlt sich der Kontakt zu den Bewohnern an? Am "Tag der Pflege" durfte eine Gruppe handverlesener "Praktikanten" zwei Stunden lang in den Pflegealltag eintauchen.

Tapfer kämpften der Unternehmer Edwin Kohl und der saarländische Minister für Umwelt und Verbraucherschutz, Reinhold Jost, mit widerspenstigen Bettbezügen, halfen beim Waschen und Ankleiden von Bewohnern, die mit diesen Verrichtungen nicht oder nicht mehr zurecht kommen.

Das Pflegeheim Laurentiushöhe in Schwemlingen, die größte Einrichtung des Saarländischen Schwesternverbandes, beherbergt 400 Menschen mit geistigen Behinderungen, viele von ihnen sind auch mehrfach behindert. "Wir wollen mit dieser Aktion mehr Öffentlichkeit für unsere Arbeit herstellen", erklärte Pflegedienstleiter Michael Berg, der die Gäste gemeinsam mit der Beauftragten für Qualitätsmanagement, Franziska Schneider, durch die Wohnbereiche geleitete.

Neben dem ungewohnten Anblick von so vielen behinderten Menschen war es vor allem der Geräuschpegel, der die Besucher zunächst irritierte. Bei der Vorstellung, acht Stunden lang inmitten dieser akustischen Kulisse arbeiten zu müssen, bekommt man ansatzweise eine Ahnung davon, was die Pflegekräfte hier täglich leisten müssen. "Ich bin ergriffen", gestand Edwin Kohl nach seinem Kurzpraktikum, bei dem ihm Wohnbereichsleiterin Bärbel Sabé hilfreich zur Seite gestanden hatte. "Ich empfinde eine tiefe Hochachtung vor der Arbeit, die hier verrichtet wird." Vor allem sei er von der Art beeindruckt, wie die Pflegenden auf die Bedürfnisse der Bewohner eingehen, und der Feinfühligkeit, mit der sie erspüren, was jeweils gebraucht wird. Das Verhältnis zwischen Bewohnern und Pflegenden habe er als vertrauensvoll und zugewandt empfunden.

"Viel Menschlichkeit"

Auch Minister Jost, der sehr liebevoll mit den behinderten Menschen umgegangen war, zeigte sich tief beeindruckt: "Neben der hohen Professionalität war hier viel Empathie und Menschlichkeit zu spüren." Nachdem er, angeleitet von Wohnbereichsleiter Wolfgang Krambrich, einen Bewohner gewaschen und angekleidet hatte, suchte er im Aufenthaltsraum Kontakt zu mehreren Frauen und Männern und unterhielt sich auch mit Pflegekräften.

Kohl zeigte sich erstaunt über den hohen Dokumentationsaufwand und fragte, ob es nicht sinnvoller wäre, diese kostbare Zeit der Pflege zu widmen. Auf ausführliche Dokumentationen könne wohl nicht verzichtet werden, meinte Jost, aber es sei eine Überlegung wert, dafür zusätzlich Zeit einzuplanen und zu bezahlen.

Karin Markieton, seit 33 Jahren in der Pflege tätig, beklagte die gegenwärtige Entwicklung mit all ihren Sparmaßnahmen und Einschränkungen: "Wenn das so weitergeht, kann eine gute Pflege in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden." Darüber hinaus vermisse sie die Akzeptanz des Pflegeberufes in der Bevölkerung. Die meisten Leute wissen kaum etwas über den Alltag in einer solchen Einrichtung. "Die sehen den Film "Einer flog über das Kuckucksnest" und denken, so laufe es hier auch", machte sie ihrem Unmut Luft.

Jost war so ehrlich, keine weit reichenden Versprechungen zu machen. "Wir können das vorhandene Geld nicht vermehren, wohl aber bedenken, wie wir es in Zukunft verteilen", erklärte er. Für ihn sei deutlich der Eindruck entstanden, dass die hier arbeitenden Menschen keinen Beruf ausüben, sondern ihrer Berufung folgen und diese Haltung verdiene die größtmögliche Unterstützung.

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