Ein Buch, das dazu motiviert, andere zu streicheln

Saarbrücken · „Warum das Meer blau ist“ heißt das Buch, das Minna McMaster in der Kindertagesstätte Kettenfabrik vorstellte. Und während McMaster erzählte, machten ihre kleinen Zuhörer erfolgreich Entspannungsübungen.

 Minna McMaster bei ihrer Lesung in der Kita Kettenfabrik. Foto: Kek

Minna McMaster bei ihrer Lesung in der Kita Kettenfabrik. Foto: Kek

Foto: Kek

Schnell die Gelegenheit genutzt: Bevor die Meute hereinstürzt, rasch eine blaue Decke auf den Boden gebreitet, ein Schatzkästchen draufgepackt, ein paar Muscheln zur Verzierung drumrum gestreut und dann das Ganze mit einer zweiten Decke versteckt. Fertig.

Dann erst darf die Kindergruppe Kettenfabrik am Mittwoch in den mit Sitzkissen präparierten Saal zur Lesung mit der Kinderbuchautorin Minna McMaster. Sie ist im Auftrag des Friedrich-Bödecker-Kreises eine Woche lang auf Lesereise durchs Saarland. McMasters Zielgruppe sind Vorschulkinder und Schüler der Klassen eins bis sechs. Die Kettenfabrik ist die einzige Kita auf ihrer Saarlandtour. "Ich heiße Minna, und ihr könnt du zu mir sagen", bricht sie bei den Kleinen das Eis. Aber allzu leger lässt sie's auch wieder nicht angehen: Einfach reinrufen ist nicht gestattet. Wer was sagen möchte, muss artig das Fingerchen heben.

McMaster? Ein Künstlername. Die Autorin hat den Namen ihres angeheirateten schottischen Onkels angenommen. In Wahrheit wurde sie 1978 in Essen geboren und lebt mit ihrer Familie und vielen Tieren in Bottrop. Nach dem Germanistikstudium machte sie eine Ausbildung zur Erzieherin und Entspannungspädagogin. Erwartungsgemäß entsprechen ihre Lesungen nicht dem 08/15-Schema: McMaster setzt auf Wahrnehmungsförderung und entwickelt mit ihrem Schriftsteller-Kollegen Joachim Friedrich "Massagebilderbücher". Eins davon hat sie mitgebracht: "Warum das Meer blau ist" heißt es, und es kommen so wunderbare Wesen darin vor wie die dicke Delfindame Dörte. Oder ein vermeintlich hässlicher und schrecklicher Riesentintenfisch, der aber in Wahrheit ein netter Kerl ist und obendrein ein armer, weil er in einem Netz gefangen ist. Das stellt sich heraus, als mutige Meeresbewohner ihn suchen, um mit seiner Tinte das blassblaue Meer wieder kräftig einzufärben. Prompt diskutiert McMaster mit den Kleinen über Fischerei ohne Schleppnetze.

McMaster erzählt auswendig. Dabei setzt sie ein Mädchen mit dem Rücken vor sich. Die Kinder müssen sich einen Partner suchen, um ihm mit flacher Hand sanft imaginäre Wellen auf den Rücken zu streicheln oder mit kreisenden Fingerbewegungen Muscheln hinter die Ohren zu kringeln. Hinterher sind die Kleinen so entspannt, dass ihnen erst nach einer Weile einfällt, dass man im Märchen ein verschlossenes Schatzkästchen am besten mit einem Zauberspruch aufkriegt: "Mit einem Enterhaken vielleicht?", lautet ein pragmatischer Vorschlag.

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