„Ein bisschen Inklusion gibt's nicht“

Saarbrücken · Nach Angaben des Bildungsministeriums greift derzeit rund ein Drittel der Grundschulen im Land auf die Angebote im Bereich der Inklusion zurück. Ein Gewinn für alle Schüler, wie auf einer Podiumsdiskussion deutlich wurde.

Das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern kommt im Saarland voran, doch steht die Inklusion auch hier noch am Anfang und ist keineswegs frei von Problemen. Das verdeutlichte die von rund 150 Pädagogen und Elternvertretern besuchte Veranstaltung "Inklusive Bildung - ein Menschenrecht!" des Vereins Miteinander Leben Lernen am Mittwochabend in der Modernen Galerie in Saarbrücken .

"Gegenwärtig besuchen rund 2950 saarländische Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf allgemeinbildende Schulen und 3500 Förderschulen", teilte die zuständige Abteilungsleiterin für bildungspolitische Grundsatzfragen im Kultusministerium, Christine Streichert-Clivot, mit. Seit 1. August gilt im Saarland das neue Schulgesetz, wonach Kinder mit Beeinträchtigungen künftig grundsätzlich die allgemeine (Grund-)Schule besuchen müssen.

Derzeit greift laut Saar-Bildungsministerium ein Drittel der Grundschulen im Land auf die Angebote im Bereich der Inklusion zurück. Dabei zeige sich in der Regel, dass beeinträchtigte Kinder in der Gemeinschaft mit Nichtbehinderten besser lernten und umgekehrt Nichtbehinderte mehr soziales Verhalten und durchaus keine schlechteren Schulleistungen zeigten, sagte die Inklusionsbeauftragte im Ministerium, Anett Sastges-Schank. "Wo es aber nicht klappt, gibt's auch Probleme mit den Eltern", hieß es. Rund 60 Prozent der Schüler mit Förderbedarf seien lernbehindert.

"Ein bisschen Inklusion gibt's nicht", betonte der Verein Miteinander Leben Lernen auf der Tagung. Der renommierte Behindertenrecht-Experte Reinald Eichholz verwies auf die 2009 auch in Deutschland in Kraft gesetzte UN-Behindertenrechtskonvention, wonach Menschen mit Behinderungen das Recht auf ein inklusives Bildungssystem haben. In der Politik habe sich die Meinung herausgebildet, 80 Prozent Inklusion könne gehen, meinte Eichholz - aber da fehle den Politikern das richtige Bewusstsein.

Eichholz verwies auf ein Beispiel, wo eine Klasse nicht behinderter Kinder einen körperlich behinderten Schulkameraden mit einer Art Sänfte sogar gemeinsam zu einer Bergwanderung mitnahmen. Er verlangte eine "wirkliche Schule für alle mit differenzierter Pädagogik" sowie eine bessere Grundfinanzierung für inklusive Schulen. Zudem müssten die Lehrer besser fortgebildet werden.

"Leider gibt es auch einige Lehrer , die sagen, jetzt müssen wir auch noch Inklusion machen", beklagte die Pädagogin Irmtraud Schnell von der Frankfurter Goethe-Universität. Im Saarland legt das Landesinstitut für Pädagogik und Medien, das im vergangenen Schuljahr 1900 Fortbildungsveranstaltungen für die 8000 Lehrer im Land anbot, seinen aktuellen Fortbildungsschwerpunkt auf die Inklusion.

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