Ehrenerklärungen für Grabsteine?

Saarbrücken · Der Steinmetz von nebenan kann unmöglich garantieren, dass der von ihm gelieferte Grabstein aus indischem Granit nicht von Kindern gebrochen wurde. Trotzdem gibt er vielleicht guten Gewissens eine Unbedenklichkeitserklärung ab. Noch lieber wäre ihm: Kauft doch einen Stein von hier!

Auf Saarbrücker Friedhöfen sollten nur Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die nicht von Kindern gebrochen wurden und die aus "sauberer" Produktion und "fairem" Handel stammen - eine charmante Idee, die Saarbrücken als erste Stadt Deutschlands in die Wirklichkeit umsetzen wollte.

Im März 2011 stimmte der Stadtrat einstimmig für das Verbot von Steinen aus Kinderarbeit . Im Oktober 2013 wurde die Friedhofssatzung der Landeshauptstadt dahingehend geändert, dass als Nachweis für eine Nicht-Verwendung von Grabsteinen aus Kinderarbeit und aus nicht fairem Handel das von der Steinmetzinnung zu vergebende Siegel "Aus zuverlässiger Quelle ohne Kinderarbeit " als Nachweis verwendet werden könne.

Zuvor hatte der saarländische Landtag die hiesigen Kommunen ermächtigt, solche Ausschlussklauseln anzuwenden. Doch OberSgerichte in Bund und Ländern kassieren diese Möglichkeit ein. Voraus gingen Klagen von Steinmetzen, die sich nicht in der Lage sahen, einen lückenlosen Nachweis über die Unbedenklichkeit der Ware zu liefern. Konkret: Wie soll ein kleiner Bildhauer vom deutschen Dorf zweifelsfrei dokumentieren, dass der aus Indien bezogene Granit von anständig bezahlten Erwachsenen aus dem Steinbruch geholt wurde? Antwort der Gerichte: Er wird das nie können, deshalb verstoßen Satzungen , die ihm den - unmöglichen - Beweis abnötigen oder die Haftung für die Produkte aufladen, gegen seine Gewerbefreiheit. So kam es in der Folge dazu, dass die Innung ihr Siegel ruhen lässt und nun überall überlegt wird, wie man dem guten Willen und dem sauberen Produkt gerecht wird, ohne gravierend in die Satzungen der Kommunen einzugreifen.

Im Saarland wird an einem neuen Bestattungsgesetz gearbeitet, das alle mit Spannung erwarten. Auf Antrag von SPD , Linke und Grünen wurde im Friedhofsausschuss des Stadtrates beraten, wie man es trotz der rechtlichen Schranken und der Wartestellung jetzt schon schaffen könnte, dass auf den Friedhöfen nur anständig hergestellte Steine verwendet werden dürfen.

Dezernent Harald Schindel (Linke), Johannes Räbiger aus Mettlach, der Innungsmeister der Saar-Steinmetze, sowie Isabel Fabry, Rechtsanwältin beim Arbeitgeberverband des saarländischen Handwerks, kamen flugs auf eine gemeinsame Basis: Man will sich mit einer Art "Selbstverpflichtung" beziehungsweise einem "Code of Ethics" behelfen, also "Ehrenerklärungen" von Betrieben, dass ihre Produkte "sauber" sind. Einhellig begrüßt von den Kommunalpolitikern, sollen die Steinmetze einen Textentwurf vorlegen.

Sie dürfen darin sogar einen Wunsch reinschreiben: möglichst heimische Steine, zumindest solche aus Europa beziehen, denn hier gilt Kinderarbeit als abgeschafft.

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