Ehepaar stellt Stadt mit einem Tor vor vollendete Tatsachen

Saarbrücken · Eltern war der Spielplatz im Nauwieser Viertel nicht sicher genug. Anstatt sich mit der Verwaltung rumzuschlagen, haben sie einfach selbst ein Tor angebracht und einen Zaun gezogen. Die Stadt ist von der Aktion nicht begeistert.

 Sicherheit selbst gemacht: Julia Ortniau und ihr Sohn Henri am neuen Tor. Fotos: Iris Maurer

Sicherheit selbst gemacht: Julia Ortniau und ihr Sohn Henri am neuen Tor. Fotos: Iris Maurer

Es hatte schon etwas von einer Guerilla-Aktion, was Dhouha Jelassi und ihr Mann vergangene Woche im Nauwieser Viertel durchgezogen haben. Sie haben einfach den Spielplatz umzäunt und ein Tor angebracht - ohne irgendjemanden um Erlaubnis zu fragen, ohne irgendwo dafür um Geld zu betteln.

Dhouha Jelassi hatte für ihre Baumaßnahme ernste Gründe. "Mein Sohn ist vor Kurzem fast vor ein Auto gelaufen. Ich war mit ihm allein auf dem Spielplatz und hatte ihn im Blick. Als er plötzlich loslief, dachte er, es wäre ein Spiel als ich ihm nachlief. Nur einen Schritt vor einem bremsenden Auto hab ich ihn an der Kapuze erwischt. Ich habe so einen Schreck bekommen. Ich habe zwei Tage geheult, weil ich immer wieder daran denken musste, was hätte alles passieren können. Danach habe ich jedes Mal Bauchschmerzen bekommen, wenn Kinder vom Spielplatz gelaufen sind und die Mütter wie wild hinter ihnen her. Daher stand für mich irgendwann fest, ich will was tun und zwar sofort."

Zusammen mit ihrem Mann hat sie überlegt, wie sie den Spielplatz sicherer machen könne. Für sie war der gefährlichste Ort der obere Eingang, nahe des Sandkastens. Dort musste nach ihrer Ansicht ein Tor hin. Die Lücken in den Hecken, wollte sie schließen. Also schweißte ihr Mann entsprechende Verankerungen für das Tor, um diese an den vorhandenen Pfeilern anbringen zu können. Im Baumarkt kauften sie ein Standardtor, die Lücken im Zaun überbrückten sie mit einem Drahtzaun. Kosten der Baumaßnahme: rund 120 Euro und viel geopferte Freizeit.

Dhouha Jelassi, die auch als Tagesmutter Kinder betreut, hat die Stadt nicht um Erlaubnis gefragt. Die ist für den Spielplatz verantwortlich: "Das wäre mir nicht schnell genug gegangen. Gespräche mit anderen Eltern haben gezeigt, dass dies auch nichts bringe." Damit meinte sie einen Vater, der bereits im Frühjahr 2013 Kontakt mit dem Grünamt aufgenommen und Oberbürgermeisterin Charlotte Britz persönlich bei einer Veranstaltung angesprochen habe. Weil dieser Vater selbst Mitarbeiter bei der Stadt ist und Angst hat, dass sein Name in der Zeitung ihm Ärger einbringen könnte, will er nicht namentlich genannt werden. Er berichtet aber, dass die Stadt sein Anliegen abgelehnt hätte. Begründung: Der Spielplatz sei denkmalgeschützt und Tore und Zäune zu teuer.

Die Stadtverwaltung hält nichts von der Hauruck-Aktion des Ehepaars Jelassi. Im Gegenteil. Sie findet, dass es sich die Eltern zu einfach machen. "Wir haben auf unseren Spielplätzen hohe Sicherheitsstandards. Sowohl bei Geräten, als auch bei Kontrollen. Zweimal im Jahr gibt es Inspektionen, einmal die Woche sichtet ein Mitarbeiter jeden Spielplatz", sagt Stadtsprecher Thomas Blug. Die Stadt habe bei Spielplätzen die Verkehrssicherheitspflicht. Und so sicher Spielplätze auch seien, dies entlasse die Eltern nicht aus ihrer Aufsichtspflicht .

Blug hat in der Verwaltung nachgefragt, ob es bereits Beschwerden von Eltern gegeben habe. Das sei nicht der Fall gewesen. Blug hätte sich gewünscht, dass man die Stadt einfach anspricht, wenn es irgendwo hakt. Es könne nicht sein, dass einfach selbstständig irgendwo Veränderungen vorgenommen werden. "Was ist, wenn sich an dem neuen Zaun jemand verletzt. Wer übernimmt dann die Haftung?", fragt Blug. Und es sei auch nicht im Sinne der Stadt, Spielplätze hermetisch abzuriegeln. "Das passt nicht in unsere Stadt."

Dhouha Jelassi hat nach eigener Aussage, nach ihrer Aktion viel Zuspruch von Eltern bekommen. Nun plant sie mithilfe einer Unterschriftenliste, die Verkehrsgeschwindigkeit auf der Straße zu reduzieren.

Meinung:Eine Lösung, die keine ist

 Rosali und Anna (v.l.) können nicht durch die Lücke in der Hecke schlüpfen.

Rosali und Anna (v.l.) können nicht durch die Lücke in der Hecke schlüpfen.

Von SZ-Redakteur Fabian Bosse

Ehrlich, ich finde es sympathisch, wenn Leute nicht fragen, was die Stadt für sie tun kann, sondern einfach machen. Natürlich hat die Zaun-Aktion ihren Charme. Sie ist so etwas wie eine lange Nase, die man der Stadtverwaltung gezeigt hat. Frei nach dem Motto: "Wir warten nicht, wir tun. Und das für nur 120 Euro". Vielleicht sind der Zaun und das Tor wirklich die einfache Lösung gegen die Angst einiger Eltern. Aber wir können nicht anfangen, wild in der Stadt rumzubauen. Saarbrücken das sind wir - und dazu gehören auch die Leute in der Verwaltung. Die sind ja nicht von Amts wegen gegen uns. Vielleicht wollen die manchmal nicht so - und vor allem nicht so schnell - wie wir wollen, doch wir haben ihnen mehrheitlich die Geschicke der Stadt übertragen. Wenn jeder machen würde, was er für richtig hält, hätten wir schnell Chaos in der Stadt. Und die Rufe: "Was macht eigentlich die Stadt dagegen?"

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