Die Party scheint vorbei

Saarbrücken · Für die junge Saarbrücker Partyszene ist sie eine der angesagtesten Adressen: die ehemalige Farbenfabrik am Römerkastell. Auch der Club des deutsch-französischen Theaterkunst-Festivals Perspectives gastierte dort. Jetzt werden die 14 000 Quadratmeter als Büro- und Gewerbefläche vermarktet.

 Die 1934 erbaute Becolin-Farbenfabrik am Römerkastell soll neu vermarktet werden. Foto: Oliver Dietze

Die 1934 erbaute Becolin-Farbenfabrik am Römerkastell soll neu vermarktet werden. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Nein, sagt Giovanni D'Arcangelo, "keine bösen Machenschaften", auch "keine Gaunereien", nicht mal eine Intrige. Im September müssen er und sein "C'est dur la culture!"-Team aus der ehemaligen Becolin-Fabrik raus. Die Kündigung bestätigt den Namen der Gruppe, sie ist hart die Kultur, in der Tat, aber D'Arcangelo bittet alle, "die jetzt aufschreien und Revolution fordern: Chillt euch!"

Ja, sagt Giovanni D'Arcangelo, die Jugendkultur in Saarbrücken verliere ihren wichtigsten Ort. Ein Ort, der Maßstäbe gesetzt habe, dessen Konzept kopiert worden sei, weil es "die Clubszene in Saarbrücken neu definiert" habe. Aber neben Trauer, verspüre er auch Dankbarkeit. Er sei dankbar "für fünf gute Jahre".

Von Anfang sei klar gewesen, "dass wir, die ,Acrobaten', diesen Raum nur auf Zeit und unter sehr großzügigen Konditionen zur Verfügung gestellt bekommen haben", sagt er. Der Eigentümer - "im Rentenalter und sprichwörtlich von Alter Schule", wie D'Arcangelo sagt - sei "immer sehr korrekt, interessiert und erfreut über den Enthusiasmus der ,jungen Leute'" gewesen. Daher habe er "C'est dur la culture!" einen Teil des Geländes überlassen. "Wir fanden einen Spielplatz, um uns auszutoben", sagt D'Arcangelo. Und so eine Fläche für Kulturexperimente, für neue Ideen sei mehr wert als Zuschüsse für solche Projekte.

Man sei sich aber immer bewusst gewessen, dass Gelände an der Mainzer Straße 201 bis 209, auf dem die Gruppe "Träume und Fantasien ausleben" konnte, verkauft werden soll. "C'est dur la culture!" habe dazu nie das Geld gehabt. Dass der Eigentümer, der seit 1998 versuche, den Komplex zu verkaufen, nun Erfolg hatte, gönne man ihm "von ganzem Herzen".

"Obwohl es uns wie auch die meisten von euch traurig stimmt: Zurück bleibt dennoch die Erkenntnis, fünf Jahre lang Teil eines der außergewöhnlichsten, kulturellen Projekte gewesen sein zu dürfen, die das Saarland und ihre Großregion jemals erlebt haben", schreibt D'Arcangelo im Internet an seine Partygemeinde.

Unter dem Motto "Der Gong zur letzten Runde" lädt "C'est dur la culture!" nun zwar vom 14. bis 16. August noch mal zu einer Megaparty ein. Aber D'Arcangelo hofft, dass man mit den neuen Eigentümern noch verhandeln kann, was den Zeitpunkt der Räumung angeht. Noch einmal den Festivalclub fürs deutsch-französische Perspectives-Festival im Becolin-Gebäude organisieren zu können, wäre ein Traum. Das Festival ist an Pfingsten.

Ob die Investoren so lange warten? Die Frage ist offen. Ebenso wie die Fragen, was genau passieren soll auf dem Gelände und wie man mit möglichen Altlasten im Boden aus der Zeit umgeht, in der dort Farben hergestellt wurden.

Frühestens in einigen Wochen könne man sich dazu äußern, sagt ein Mitarbeiter der Firma Schmeer, die das Gelände entwickelt. "Im Rahmen der Projektneuentwicklung stehen hier nun insgesamt ca. 14 000 Quadratmeter zur Entwicklung von Gewerbe, Handel oder Dienstleistung zur Verfügung. Das Grundstück eignet sich beispielsweise auch hervorragend als Standort für eine Hotelnutzung", heißt es auf der Internetseite des Unternehmens.

Während die neuen Besitzer schweigen, redet Giovanni D'Arcangelo: Seine "Gestaltungswut" sei nach wie vor groß. Er und sein Team werden eine neue Idee haben, verspricht er. Deshalb gelte: "Lange lebe ,C'est dur la culture!'".

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