Die „Girls“ erobern den Landtag

Saarbrücken · Die Landespolitik ist eine Männerdomäne. Weniger als ein Drittel der Abgeordneten sind Frauen. Damit sich das ändert, haben Piraten und Grüne junge Mädchen zum „Girls' Day“ in den Landtag eingeladen.

 In der ersten Reihe (auf den Plätzen der CDU-Fraktion) im Landtag: Die Schülerinnen Lea Laux, Anika Scherschel, Katja Sparnagel und Isabel Thalheim mit dem Piraten-Abgeordneten Andreas Augustin (vorne rechts). Foto: Dietze

In der ersten Reihe (auf den Plätzen der CDU-Fraktion) im Landtag: Die Schülerinnen Lea Laux, Anika Scherschel, Katja Sparnagel und Isabel Thalheim mit dem Piraten-Abgeordneten Andreas Augustin (vorne rechts). Foto: Dietze

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Verkehrte Welt im Landtag: Pirat Michael Hilberer sitzt plötzlich auf dem Ministerpräsidenten-Sessel, und die Abgeordneten sind deutlich jünger und vor allem weiblicher als gewohnt. Acht Mädchen zwischen 12 und 16 Jahren haben beim "Girls' Day" der Piratenfraktion gestern in den Politiker-Alltag reingeschnuppert. Die meisten waren wohl aus Neugierde gekommen, um mal einen Blick hinter die Kulissen des Landtags zu werfen. Doch bei einigen war bereits ein gewisser Ehrgeiz zu spüren. "2017 werde ich Landtagsabgeordnete", erklärte Lea Laux (16) aus Losheim - ein Scherz, auch wenn sie bereits Parteimitglied bei den Piraten ist und sich gut vorstellen kann, Politikerin zu werden.

Ziel des 2001 eingeführten "Girls' Day" ist es, Mädchen für "Männerberufe" zu begeistern. Und eine Männerdomäne ist die Politik allemal. Weniger als ein Drittel der saarländischen Landtagsabgeordneten sind Frauen - damit liegt das Land unter dem Bundesdurchschnitt. Die Abgeordnete Jasmin Maurer hoffte, dass die Piraten mit der Aktion einige Mädchen für die Politik gewinnen können: "Nicht nur weil der Frauenanteil verbesserungswürdig ist, sondern auch weil der Politik der Nachwuchs fehlt." Sie weiß, wovon sie spricht. Mit 26 Jahren ist sie nicht nur die jüngste Abgeordnete, sondern auch die einzige Frau ihrer Fraktion. "Aber ich habe die Männer gut im Griff", scherzte sie.

Nach einer Landtagsführung mit Pirat Andreas Augustin mussten die Mädchen selbst aktiv werden. Innerhalb weniger Stunden sammelten sie Argumente für und gegen die Videoüberwachung im öffentlichen Raum und bereiteten ihre Reden für das Plenum vor. Während einige, sichtlich nervös, etwas blass um die Nase, aber tapfer ihre Reden hielten, erwies sich die ein oder andere als Naturtalent. Da flog die Faust aufs Rednerpult und mit Verve wurde ins Plenum geschmettert: "Ich appelliere an Ihren gesunden Menschenverstand! Stimmen Sie für die Videoüberwachung!"

Die Mädels nutzten die Chance, um auch ihre Fragen an die Abgeordneten loszuwerden. Dabei reichte die Bandbreite von "Gibt es im Landtag den Hammelsprung?" (eine besondere Form der Abstimmung im Bundestag) bis hin zu "Ist Merkel auch im Landtag dabei?". Zwei der acht Mädchen konnten sich am Ende des Tages vorstellen, später in die Politik zu gehen.

Piraten und Grüne waren die einzigen Fraktionen, die beim "Girls' Day" mitmachten. Für die Piraten war es eine Premiere, die Grünen bieten die Aktion bereits seit fünf Jahren an und hatten auch gestern wieder vier Mädchen in den Landtag eingeladen.

Die anderen Fraktionen CDU , SPD und Linke argumentieren, ihre Türen stünden jungen Politik-Interessierten das ganze Jahr über offen. Schüler und Studenten könnten jederzeit ein Praktikum machen. "Bei der SPD ist jeden Tag ,Girls' Day'", sagt SPD-Fraktionssprecher Matthias Jöran Berntsen. Die CDU-Fraktion hält die Aktion für "eine tolle Sache", verweist aber ebenfalls auf die vielen Praktikanten, die die Fraktion beschäftige - darunter drei Mal so viele Mädchen wie Jungen, sagt Sprecherin Elena Weber.

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