Die Flut an Plastiktüten

Saarbrücken · Die Ausbeute einer Einkaufstour durch Saarbrücken: Neben Kleidern oder Gemüse vom Markt gibt es einen Haufen Plastiktüten dazu. Dabei teilen manche Händler und Geschäfte nur noch auf Wunsch Tüten aus.

Aufzupassen wie ein Luchs gilt es, wenn wir an der Kasse stehen und der Verkäufer unser gerade gekauftes Produkt direkt in eine Plastiktüte packen will. "Ich habe schon eine", müssen wir dann schnell antworten. Sonst liegt die Plastiktüte schon auf der Theke.

Auch in der Saarbrücker Innenstadt ist fast niemand ohne Plastiktüte unterwegs.

Andreas Hary, Inhaber des Asia-Ladens in der Mainzer Straße hat es sich abgewöhnt, alles direkt in Plastiktüten zu packen. Er fragt seine Kunden vorher, ob sie eine Tüte brauchen. Viele hätten einen Korb dabei. Allen anderen gibt er guten Gewissens auf den Weg: "Ich bin sicher, sie schmeißen die Plastiktüte nicht direkt in die Saar." Genau das ist das Problem, sagt Christiane Schnepel, Leiterin des Gebiets Produktverantwortung beim Umweltbundesamt . "Die Plastiktüten sind dann schädlich für die Umwelt, wenn sie in der freien Natur landen und nicht im vorgesehenen "gelben Sack" entsorgt werden", sagt Schnepel. Die Plastikabfälle sollten nämlich im Idealfall aufbereitet und wiederverwertet werden.

Sibille Werling vom Gemüsehof Werling im Mandelbachtal steht mittwochsmorgens mit ihrem Stand auf dem St. Johanner Markt. Weil sie Bio-Waren verkauft, seien ihre Kunden sparsamer im Umgang mit Plastiktüten. Wer mal seinen Korb vergessen hat, kriegt eine Tüte aus Maisstärke. Die könne der Komposthaufen zersetzen. Werling ärgert sich aber über die Supermärkte: "Was im Supermarkt an Abfall anfällt, geht auf keine Kuhhaut." Dabei liegt der Supermarktkette Edeka Südwest zum Beispiel viel an einem umweltbewussten Umgang mit Tüten und Verpackungen, sagt Christhard Deutscher, Leiter der Unternehmenskommunikation von Edeka Südwest. "Wir bieten Baumwoll- und Papiertragetaschen an. Und unsere Plastiktüten sind zu 90 Prozent wiederverwertbar", so Deutscher.

Supermärkte wie Edeka fordern schon Geld für die Plastiktüten. Ob andere Einzelhändler das auch tun sollen, diskutieren zurzeit der Handelsverband und das Bundesumweltministerium, sagt Stefan Hertel, Pressereferent des Handelsverbands Deutschland. "Der Deutsche verbraucht durchschnittlich im Jahr 71 Plastiktüten", sagt er. Damit lägen wir deutlich unter dem europäischen Schnitt von 198 Tüten pro Kopf.

Zurück auf den St. Johanner Markt: Gertrud Riebe packt das gekaufte Brot in ihre Baumwolltasche ein. "Ich habe ein paar davon. Die wasche ich immer wieder", sagt sie. Am Stand der Bäckerei Lenert aus Rubenheim gibt es bei Verkäuferin Ulrike Bosslet auf Anfrage eine Plastiktüte. "Wenn es trocken ist, kann ich die Plastiktüten, die über die Theke wandern, an einer Hand abzählen. Bei Regenwetter können es schon bis zu 30 werden", sagt sie. Dann will keiner, dass das Brot in der Papiertüte aufweicht.

Meinung:
Tüten müssten überall kosten

Von SZ-Redaktionsmitglied Patricia Heine

Dass wir zu fast allem, was wir kaufen eine kostenlose Tüte kriegen, mag eine nette Dienstleistung sein. Doch wer sorgt dafür, dass sie am Ende nicht die Gewässer verschmutzen?

Die Eurpäische Union verpflichtet ihre Mitgliedsstaaten bis Anfang 2026, den Verbrauch an Plastiktüten auf 40 pro Kopf im Jahr zu verringern. Da sind wir in Deutschland zwar schon dabei. Aber dem Handel vorschreiben, dass er eine Gebühr für die Tüten erheben muss, wird der Handelsverband nicht. Die Diskussion wird bei vielen Unternehmen keine Beachtung finden. Denn so lange etwas freiwillig ist, tut sich oft nichts. Deshalb sollte der Handelsverband alle Unternehmen verpflichten, Geld für die Tüten zu verlangen. Wenn die Leute nämlich dafür bezahlen müssen, verzichten sie bestimmt auf die eine oder andere Tüte. Und dann landen hoffentlich auch weniger davon in der Natur.

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