Die Feinheiten deutschen Rechts

Saarbrücken · Erstmals wird am „Centre Juridique Franco-Allemand“ der Saar-Uni eine Weiterbildung für französische Anwälte über deutsches Recht angeboten.

"Wie war das noch mit den Zivilsachen, gibt es in Deutschland eine mündliche Verhandlung?" Auch nach Feierabend diskutieren die französischen Rechtsanwälte bei einem Glas Crémant weiter darüber, was sie am ersten Tag ihrer Fortbildung in Saarbrücken gelernt haben. 13 Juristen aus dem Nachbarland nehmen an dem gemeinsamen Fortbildungsprogramm der Pariser Kammer, des Saarländischen Anwaltvereins, der saarländischen Rechtsanwaltskammer und des "Centre Juridique Franco-Allemand" der Universität des Saarlandes teil. Umgekehrt können ab Ende Februar auch deutsche Rechtsanwälte die Fortbildung in französischem Recht in Paris belegen.

Am ersten Tag ging es an der Saar-Uni für die Gäste aus Frankreich um die Rolle des Anwalts im deutschen Rechtssystem und die Organisation der Justiz. An sich nichts Schwieriges, aber der Unterricht in der Fremdsprache ist für die meisten eine Herausforderung. "Ich habe lange Zeit kein Deutsch mehr gesprochen. Ich bin auf Arbeitsrecht spezialisiert und habe nur französische Mandanten", erklärt Anna Coudray, die als Anwältin in Paris zugelassen ist. Das Programm richtet sich nicht an frischgebackene Absolventen sondern an Anwälte, die schon in ihrem Beruf arbeiten. "In Frankreich ist die Weiterbildung für Anwälte Pflicht. Sie müssen 20 Stunden im Jahr vorweisen können", erklärt die Saarbrücker Rechtsanwältin Sabine Altmeyer, die in dem deutsch-französischen Programm unterrichtet.

Anna Coudray hat sich für einzelne Module des ingesamt 66 Unterrichsstunden umfassenden Fortbildungsangebots entschieden. Wer das komplette Programm absolviert, bekommt am Ende ein deutsch-französisches Weiterbildungszertifikat. Dafür hat sich Emmanuel Weller entschieden. In Paris hat Weller bisher wenig mit deutschen Mandanten zu tun. "Aber vielleicht kommt das noch. Und ich interessiere mich sehr für Deutschland. Dieses Programm ist eine gute Gelegenheit für mich, um meine privaten und beruflichen Interessen zu verbinden", so der Fachmann für Immobilienrecht. Das neue saarländische Programm hat sich weit über Paris hinaus herumgesprochen. Eine Teilnehmerin wohnt zum Beispiel in Nizza und arbeitet als Anwältin in Monaco. "Dass unser Angebot bereits im ersten Jahrgang eine so gute Resonanz bekommt, stärkt das Saarland als grenzüberschreitenden Justiz-Standort", freut sich Rechtsanwalt Christoph Clanget, der das Programm mitkonzipiert hat. Auch in Straßburg hörte Emilie-Charlotte Brétel davon und meldete sich prompt an. "In meiner Kanzlei direkt an der Grenze ist ein Drittel der Fälle grenzüberschreitend."

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