Die erste Landung auf einem Kometen - auch Instrumente von der Saar sind an Bord

Saarbrücken · Zehn Jahre saust „Rosetta“ schon durchs All, nun steht der heikelste Schritt der Mission bevor: Ein Mini-Labor soll auf dem Kometen „Tschuri“ landen. Stunden voller Unwägbarkeiten stehen bevor. Während die letzten Vorbereitungen laufen, kehrt ein Deutscher aus dem All zurück.

Der große Tag naht: Die Raumsonde "Rosetta" soll morgen das Mini- Labor "Philae" auf einem Kometen absetzen. Die gewagte Mission der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter wird von Experten mit der Mondlandung 1969 verglichen. "Das ist das erste Mal, dass so etwas unternommen wird, ein Meilenstein", sagt Paolo Ferri, Chef des Esa-Flugbetriebs im Darmstadter Kontrollzentrum Esoc. Die Fäden für die Landung auf dem Kometen 67P/ ("Tschuri") laufen beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln zusammen. Die Spezialisten sind die Hauptverantwortlichen für den Lander. Bau und Entwicklung von "Philae" wurden hier geleitet. "Der heikelste Moment wird das eigentliche Aufsetzen des Landers auf der Kometenoberfläche sein", sagt Stephan Ulamec, der "Philae"-Projektleiter beim DLR. "Die Oberflächenbeschaffenheit des Kometen, das heißt seine Härte, ist bis zur Landung selbst noch unbekannt." Zehn Jahre war "Rosetta" mit "Philae" huckepack unterwegs zu "Tschuri". Die Sonde hat mehr als 6,4 Milliarden Kilometer zurückgelegt. Jetzt wird sich zeigen, ob ihre Mission ein Erfolg wird.

"Wir hoffen, dass ‚Tschuri' nicht so aktiv ist und ‚Philae' landen kann", so Esa-Kometenexperte Gerhard Schwehm. Erscheint die Aktion kurz zuvor doch zu unsicher, gibt es einen Plan B: Zwei Wochen später besteht eine weitere Chance, sagt eine DLR-Sprecherin. Nach der Landung kommen direkt alle Instrumente zum Einsatz. "Für unser Lander-Kontrollzentrum des DLR bedeutet das Schichtbetrieb rund um die Uhr", sagt Ulamec. Kometen gelten als Schatztruhen für Astronomen: Sie sind die wahrscheinlich ältesten weitgehend unveränderten Reste der gigantischen Staubscheibe, aus der vor 4,6 Milliarden Jahren unser Sonnensystem entstand. "Rosetta" und "Philae" sollen "Tschuri" mit mehr als 20 Instrumenten an Bord genau analysieren. Etliche Messungen sind geplant, um möglichst viel über den Kometen zu erfahren. Auch Hinweise auf die Entstehung des Lebens erhoffen sich die Forscher. Unter den Instrumenten ist auch ein am Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren (IZFP) in Saarbrücken entwickelter Sensor. Das Experiment Casse (Comet Acoustic Surface Sounding Experiment) soll mithilfe von Schallwellen die elastischen Eigenschaften des Kometenmaterials untersuchen.

Es ist in die drei kleinen Füße des Landers integriert. Casse kann sowohl passiv in den Untergrund horchen als auch selbst Signale in den Boden senden und die reflektierten Schallwellen auswerten. Wenn sich "Philae" morgen von "Rosetta" löst, sind es noch rund 22 Kilometer bis zum Landeplatz. Das kühlschrankgroße Mini-Labor wird langsam herabgleiten - "wie ein Fußgänger". Es dauert sieben Stunden, bis es ankommt. "Wir brauchen auch ein bisschen Glück", meint Esa-Flugdirektor Andrea Accomazzo. Direkt steuern lässt sich "Philae" während des Landevorgangs nicht: Es dauert rund 28 Minuten, bis ein Signal von der Erde aus das Landegerät erreicht. Also hat "Philae" die Landung einprogrammiert bekommen - mit Alternativen, falls es Probleme gibt. Schon im Anflug soll der Lander seine drei Beine ausfahren, an deren Ende kleine Eisbohrer sitzen. Mit ihnen soll er sich unmittelbar nach dem Bodenkontakt festkrallen. "Wichtig ist, dass er auch wirklich auf ‚Tschuri' bleibt", sagt Jens Biele vom DLR. Aber selbst wenn alles klappt: Ein Ende ist der Mission gesetzt. Da "Tschuri" immer weiter Richtung Sonne rast, wird es für das Mini-Labor wohl im Dezember 2015 zu heiß. "Philae" stirbt durch Überhitzung", so Biele. Die von ihm geschickten Daten werden die Wissenschaftler noch lange danach beschäftigen. "Rosetta" selbst könnte die Sonnenpassage überleben und noch monatelang um "Tschuri" kreisen.

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