Die dunkle Seite der Textil-Industrie

Saarbrücken · 40 bis 70 Kleidungsstücke kauft ein Deutscher pro Jahr. Über die Bedingungen, wie diese Kleider hergestellt werden, wissen die wenigsten Bescheid. Der Dokumentarfilm „True Cost“ will aufklären und schockiert zudem.

Menschenmassen stürmen in Einkaufsläden. Es ist Black Friday in Amerika. Die Wirtschaft boomt, aufgeregt und freudig zugleich wühlen die Kunden sich durch die Waren. Schnitt. Eine Frau in traditioneller, bunter, indischer Kleidung sitzt mitten im Bild. "Ich will nur ein lebenswürdiges Leben führen", sagt sie und bekommt dabei Tränen in die Augen. Shima ist eine von etwa vier Millionen Textilarbeiterinnen in Bangladesch. Ein beispielhaftes Schicksal im Film "True Cost - der wahre Preis der Mode", der bis Mittwoch im Filmhaus täglich um 19.30 Uhr läuft. Eine komische Stimmung entsteht während des Films im Kinosaal. Ungläubiges, fast trauriges Lachen kommt aus den hinteren Reihen, andere bekommen Tränen in die Augen.

Die Bilder sind erschreckend und machen die Realität bewusst, die wir in Europa ausblenden, wenn wir in Modegeschäfte gehen und nach den billigsten Schnäppchen suchen. Im Film werden Szenen gegenübergestellt von Produzenten und Konsumenten. Man sieht eine Modenschau und im nächsten Bild Kinder mit Behinderungen, die durch chemische Spritzmittel ausgelöst wurden. Der Eindruck, der am Schluss zurückbleibt ist schockierend. Umso besser, dass es nach dieser Vorführung ein Gespräch gibt. Teilnehmer ist unter anderem Reiner Gebhardt. Er hat mit Dibella ein Unternehmen gegründet, welches Bio- und Fairtradetextilien an Hotels, Gastronomie oder Gesundheitswesen verkauft. Damit hat er bereits das Hotel am Triller ausgestattet, und auch das Hotel Leidinger in der Mainzer Straße gehört zu seinen Kunden. Er ist ein wichtiger Vorreiter in dieser Branche. Weitere Gesprächspartner sind Tamara Enhuber vom Bündnis Sklavenlos (seit 2014) und Peter Weichardt von der Fairtrade Initiative Saarbrücken . Problematisch sieht Peter Weichardt, wie wir Europäer uns oft aus der Verantwortung ziehen aus scheinbarer Unwissenheit. "Jeder sollte die Verantwortung für diese Menschen tragen. Wir ignorieren das Leben von anderen", versucht er das Bewusstsein seiner Zuhörer zu schärfen. Auch Lösungsansätze werden in der Runde besprochen, eine rege Beteiligung des Publikums entsteht. Es gibt eine Broschüre mit den unterschiedlichen Siegeln für Bio- und Fairtrademode. Ein weiteres Problem ist der steigende Konsum. Kleidung ist billig und wird vom Gebrauchsgegenstand zum Wegwerfgegenstand. Denn für den Konsumenten ist es schwierig zu entscheiden, was "gute" Mode ist. Nur weil eine Jeans teurer ist, bedeutet das nicht, dass sie unter besseren Umständen entstanden ist. 40 bis 70 Kleidungsstücke kauft der Deutsche im Jahr. Altkleider landen auf der Deponie. Die aktuelle Lage sollte klarmachen, dass es ein fataler Weg ist, rücksichtslos die Menschen in anderen Ländern auszunutzen. "True Cost ist ein Film, den jeder gesehen haben sollte", ist Weichardt überzeugt.

Die Fairtrade-Initiative bietet Schulkinovorführungen ab der achten Klasse an. Information per E-Mail an info@faire-klasse.de, Tel. (06 81) 41 09 98 10.

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