Die Drachenzähne von St. Arnual

Saarbrücken · Langzeitarbeitslose haben mit viel Fleiß die alte Saarbrücker Höckerlinie vom Zweiten Weltkrieg wieder freigelegt.

 Bis vor kurzem wuchtere noch Gestrüpp meterhoch über die Drachenzähne, wie manche die Höcker der Verteidigungslinie auch nennen. Selbst Bäume fanden hier genug Ruhe, um in die Höhe zu wachsen. Foto: Iris Maurer

Bis vor kurzem wuchtere noch Gestrüpp meterhoch über die Drachenzähne, wie manche die Höcker der Verteidigungslinie auch nennen. Selbst Bäume fanden hier genug Ruhe, um in die Höhe zu wachsen. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Das ist eine imposante Anlage. Im ganzen Saarland gibt es nur wenige intakte Strecken dieser Art, und in dieser Form war das vorher nicht zu sehen", schwärmt Hans Mildenberger, Denkmalpfleger der Landeshauptstadt Saarbrücken, von den freigelegten Resten der Höckerlinie. Direkt neben der Bushaltestelle "Forsthaus St. Arnual" wurden von dem Projekt "Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" in den letzten Tagen ein Zugang mit Schottersteinen angelegt und meterhohe Brombeerhecken und Wildwuchs entfernt, um die Reste der alten Höckerlinie freizulegen, die selbst manchem Anwohner bisher unbekannt waren.

Die Betonhöcker-Hindernisse - so der genaue Terminus - stammen aus dem Jahr 1939 und sind Teil des Bauprogramms des 600 Kilometer langen Westwalls entlang der Westgrenze des Deutschen Reichs, mit dem auch die Stadt Saarbrücken befestigt wurde. Die charakteristischen dreieckigen Betonpfeiler, auch Drachenzähne genannt, die in mehreren Reihen versetzt nebeneinander errichtet wurden, konnten Kettenfahrzeuge aufhalten. Sie bestehen aus Stahl und Beton, haben eine Fundamenttiefe von über einem Meter und ragen wie ein Eisberg nur teilweise aus dem Boden. Die Linie der Betonhöcker in Saarbrücken verlief vom Bahnhof Brebach über die Daarler Wiesen, in der Verlängerung der Julius-Kiefer-Straße, über die Hohe Wacht bis ins Deutschmühlental. Durch die Begradigung der Saar und den Bau der Autobahn wurden jedoch die meisten Reste dieser Höckerlinie abgebrochen. Das 90 Meter lange Teilstück, das direkt an der Saargemünder Straße liegt, ist eines der wenigen erhaltenen Stücke. "Die Höcker dienen der Dokumentation. Sie sind gleichzeitig Ansichtsmaterial und Mahnmal der Kriegszeit", sagt Hans Mildenberger.

Da die Reste der Höckerlinie auf städtischem Gebiet liegen, sind sie frei zugänglich und können jederzeit besichtigt werden. Außerdem sind die Höcker in einem bemerkenswert guten Zustand, obwohl sie seit Jahren unter dem Wildwuchs nicht zu sehen waren. Nur ein wenig Moos hat sich fast schon malerisch auf dem Beton angesetzt. Und zwischen den Höckern konnten sich sogar Bäume auspflanzen. Unter dem meterhohen Wildwuchs der letzten Jahre fanden die Teilnehmer der Arbeitsgelegenheitsmaßnahme beim Freischneiden jede Menge Müll und Unrat, wie Reifen, Kanister und eine Gartenliege, aber auch Relikte der Soldaten. "Wir haben Teile von Militärkochgeschirr und einen alten Topf gefunden", sagt Martin Dick vom ZBB, Zentrum für Bildung und Beruf Saar gGmbH, der die Maßnahme für die Langzeitarbeitslosen betreut. Und die sind mit großem Engagement bei der Sache. Wie schon bei den übrigen Projekten des "Kulturerbes der Landeshauptstadt Saarbrücken" interessieren sie sich für den kulturhistorischen Wert des Ortes, den sie freilegen und wieder zugänglich machen und stellen viele Fragen. So auch, warum einige der Höcker kleiner sind und an der Spitze große, schwere Metallringe angebracht wurden. "Wahrscheinlich konnte man einige der Höcker zur Seite heben und die Reihen öffnen, damit kleinere Fahrzeuge die Höckerlinie passieren konnten", erklärt Hans Mildenberger diesen Umstand. Und dann sagt er noch, dass dieser Abschnitt der Höckerlinie schon seit dem Jahr 2010 unter Denkmalschutz steht, auch wenn er so gut wie nicht zu sehen war. Aber das hat sich jetzt zum Glück geändert.

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Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken Das Projekt "Kulturerbe der Landeshauptstadt Saarbrücken" ist eine Arbeitsgelegenheitsmaßnahme für Langzeitarbeitslose. In diesem Projekt wurden bisher die Ruine der Aschbachkirche in Gersweiler, das Winterbergdenkmal, der Schlangenbrunnen unterhalb des Halbergs, die Stadtmauer in der Altneugasse, die Mithrasgrotte am Halberg und die Nischenwand des Telemachos wieder freigelegt, gesäubert und aufgewertet. Die Maßnahme wird von der ZBB, Zentrum für Bildung und Beruf Saar gGmbH, betreut und vom Amt für Stadtgrün, dem Stadtplanungsamt/ Denkmalschutz und dem Amt für Straßenbau und Verkehrsinfrastruktur unterstützt.

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