Die CDU entdeckt das Fahrrad

Saarbrücken · Als besonders große Anhängerin des Radverkehrs hat sich die CDU bislang nicht hervorgetan. In einem neuen Papier fordert sie nun eine neue „Kultur des Radfahrens“ – und erhält ein dickes Lob von ungewohnter Seite.

 Farbig maskierte Radfahrstreifen sollen nach den Vorstellungen der CDU künftig auch im Saarland die Regel sein. Foto: Dpa

Farbig maskierte Radfahrstreifen sollen nach den Vorstellungen der CDU künftig auch im Saarland die Regel sein. Foto: Dpa

Foto: Dpa

Das Saarland ist traditionell ein Autofahrerland, kaum jemand fährt mit dem Rad zur Arbeit. Im Auftrag des SPD-geführten Wirtschaftsministeriums macht sich daher eine Arbeitsgruppe Gedanken darüber, wie das Fahrradfahren im Alltag attraktiver werden könnte. Die Grünen bemängeln seit Jahren, dass sich zu wenig tut.

Nun entdeckt auch die saarländische CDU den Radverkehr. Sie hat ein zwölfseitiges Konzept erarbeitet - mit Ideen, die für CDU-Verhältnisse fast revolutionär anmuten. Von einem "Umdenken in der Verkehrspolitik" und der Etablierung einer "Kultur des Radfahrens" ist darin die Rede; das Radfahren müsse eine "echte Mobilitätsalternative im Alltag" werden. Kein Wunder also, dass der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) die Saar-CDU in höchsten Tönen lobt: Sie bewege sich "voll auf der Höhe der verkehrspolitischen und verkehrsplanerischen Diskussionen der Zeit" und setze "Maßstäbe für andere Parteien im Land".

Zwar gebe es im Saarland ein hochwertiges Tourismus-Radwegenetz, sagte CDU-Generalsekretär Roland Theis , doch beim Alltagsradverkehr bestehe "erheblicher Nachholbedarf". Das Fahrrad stelle durch die rapide steigende Verbreitung von Elektrofahrrädern eine zunehmende Alternative dar, trotz der hügeligen Landschaft, heißt es in dem CDU-Papier. Die Christdemokraten fordern konkret:

{mzirkv} Radfahr- oder Schutzstreifen auf allen Hauptverkehrsstraßen, an Kreuzungen farbig asphaltiert. Wo es keinen Radweg und keinen Streifen gibt, soll Tempo 30 gelten.

{mzirkv} Bessere Ampelschaltungen und einen grünen Rechtsabbiegerpfeil für Radfahrer . In einem Pilotprojekt sollen alle Ampeln, an die ein Radler kommt, mittels Chip am Fahrrad automatisch auf Grün schalten, sofern gerade kein Auto in der Nähe ist.

{mzirkv} Ausweichstellen für den gegenläufigen Radverkehr in Einbahnstraßen und dort auch weniger Auto-Stellplätze.

{mzirkv} Ausweisung geeigneter Straßen als Fahrradstraßen, auf denen sich Autofahrer dem Radverkehr unterordnen müssen, und uneingeschränkte Nutzung von Busstreifen für Radler.

{mzirkv} Mehr Abstellplätze (im Boden verankerte Bügelvorrichtungen) in Wohngebieten und an Bahnhöfen.

{mzirkv} Mehr Möglichkeiten zur Rad-Mitnahme in Zügen.

Zudem fordert die CDU Radschnellwege in die Landeshauptstadt. "Für mehr als eine halbe Million Menschen im Großraum Saarbrücken bestünde durch eine günstige Fahrradinfrastruktur in Form eines Radschnellweges die Möglichkeit, klimafreundlich und ohne Stau in weniger als einer Stunde zum Arbeitsplatz zu gelangen", heißt es in dem Papier . Aus nord-westlicher Richtung könne der Leinpfad entlang der Saar als Radschnellweg dienen. Um Forbach, Neunkirchen und Homburg über Radschnellwege an Saarbrücken anzubinden, soll eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden. Nach Ansicht der CDU ließen sich für die Pläne Klimaschutz-Mittel des Bundes anzapfen.

Im März 2017 wird ein neuer Landtag gewählt, daher verwundern auch die Seitenhiebe auf die für den Radverkehr zuständige SPD-Verkehrsministerin Anke Rehlinger nicht sonderlich: Obwohl der Radverkehrsplan aus dem Jahr 2011 vorsehe, bis 2020 zusätzlich 500 Kilometer Radwege neu- und auszubauen, seien bislang erst 5,7 Kilometer umgesetzt. Die CDU vermisst auch ein Ziel, wie hoch der Anteil des Alltagsradverkehrs 2020 überhaupt sein soll.

Meinung:

Dann mal los

Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Als regelmäßiger Radfahrer kann man die Vorschläge der CDU nur begrüßen - und hoffen, dass sie nicht nur dem Wahlkampf geschuldet sind. Die CDU kann schon jetzt zeigen, dass ihr die Radfahrer am Herzen liegen. Einige Punkte aus ihrem Papier ließen sich nämlich umsetzen, ohne dass dazu irgendjemand im SPD-geführten Verkehrsministerium auch nur einen Finger krumm machen muss. Farbige Radfahrstreifen, Ausweichstellen für den gegenläufigen Radverkehr in Einbahnstraßen, konsequentes Vorgehen gegen Falschparken auf Fahrradwegen, Schlaglöcher ausbessern und deutlich mehr Absperrmöglichkeiten für Fahrräder in Wohngebieten - wie wäre es, wenn alle CDU-regierten Kommunen sich das zu Herzen nehmen und direkt damit anfangen?

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