Der Theatervirus macht glücklich

Die vielen Fans des Straßentheaterfestivals haben den Termin sicher schon dick im Kalender stehen: Am Mittwoch ist die Eröffnung der Sommer Szene. Elf Tage lang gibt es in Saarbrücken, Völklingen und Dillingen wieder kostenlose Freiluft-Veranstaltungen mit Straßentheater-Künstlern aller Art. SZ-Redakteurin Susanne Brenner hat die beiden künstlerischen Leiter des Festivals, Marion Künster und Charlie Bick, zu Programm und Plänen befragt.

 Auf einem hohen Gerüst agiert die Gruppe Luc Amoros. Ihr Spektakel „Page Blanche“ eröffnet die Sommer Szene. Foto: Lucamoros

Auf einem hohen Gerüst agiert die Gruppe Luc Amoros. Ihr Spektakel „Page Blanche“ eröffnet die Sommer Szene. Foto: Lucamoros

Foto: Lucamoros

Seit ein paar Jahren findet die Sommer Szene nur noch alle zwei Jahre statt. Hat sich der Biennale-Rhythmus bewährt, oder ist es eher eine Frage des Geldes? Immerhin ist der Etat in diesem Jahr etwas geschrumpft und beträgt jetzt 178 000 Euro - was ja nicht allzu viel ist für ein so großes Festival.

Marion Künster: In erster Linie war es eine Frage der weiteren Finanzierbarkeit des Festivals - da hat der Biennale-Rhythmus erst mal Entlastung geschaffen. Aber inzwischen wird es - bei steigenden Kosten und schrumpfendem Etat - schon wieder schwierig, elf Tage Festival auf hohem künstlerischen Niveau zu finanzieren.

Charlie Bick: Wenn wir nicht in den Zwei-Jahres-Rhythmus gegangen wären, hätte sich die Sommer Szene ohnehin erledigt oder wäre zu einem Minifestival voller künstlerischer Kompromisse geworden. Doch beliebige Events gibt es meiner Ansicht nach inzwischen genug. . .

In diesem Jahr feiern wir im Saarland besonders begeistert den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag. Da feiert auch die Sommer Szene mit und zeigt mehrere französische Spektakel. Wie steht es denn um die Straßentheater-Szene in unserem Nachbarland. Ist sie immer noch so bunt wie früher?

Charlie Bick: Mit Sicherheit gehört die französische Szene zu den interessantesten weltweit. Das hängt nicht zuletzt mit der historisch gewachsen Akzeptanz des Straßentheaters zusammen. In Frankreich gibt es viele Produktionsstätten, und die Weiterentwicklung des Genres wird nicht nur organisatorisch gefördert, sondern auch - nach wie vor - mit öffentlichen Mitteln subventioniert. Gute französische Straßentheatergruppen nach Deutschland zu holen ist immer eine Frage des Preises: Sie sind - aus gewachsenem Selbstbewusstsein heraus - letztendlich die teuersten auf der Welt.

Die Sommer Szene wird nach wie vor durch den Verein Kultur Direkt getragen und organisiert. Wie sieht es da mit dem Nachwuchs aus? Wer hilft, sind es jedes Jahr die gleichen Unverdrossenen? Oder engagieren sich auch Jüngere? Wie ist die Entwicklung der letzten Jahre?

Marion Künster: Unser Verein ist klein aber fein. Er setzt sich durchgängig aus motivierten Leuten zusammen, die die Sommer Szene nicht nur ideell und materiell, sondern auch tatkräftig als Helfer während des Festivals unterstützen. Dafür nehmen sie sich in der Regel sogar Urlaub. Den sogenannten Nachwuchs versuchen wir immer wieder zu integrieren, allerdings fehlt da verständlicherweise die über Jahre gewachsene emotionale Anbindung. Wir sind aber völlig zufrieden mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge.

Gibt es Lieblingsorte oder Lieblingsgruppen der Festivalmacher? Worauf freuen sie sich am meisten?

Marion Künster: In Saarbrücken vor allem die "Wanderung" durch die Stadtteile. Und was die Gruppen betrifft, freue ich mich besonders auf den Improvisationskünstler Shiva Grings, den clownesken Stimmakrobaten Bernard Massuir und das N.N. Theater, das uns wieder einmal mit einer phänomenalen neuen Produktion überraschen wird.

Charlie Bick: Die Eröffnung am Saarbrücker Schloss ist Kult, und der Abschluss in Dillingen ebenfalls. In diesem Jahr trifft das ganz besonders zu, da sich sowohl die Compagnie Luc Amoros wie auch StageTV auf völlig unterschiedliche Weise szenisch mit dem Thema Malerei auseinandersetzen und zwei außerordentlich spannende Erfahrungen im Grenzbereich zwischen Theater und bildender Kunst inszenieren. Außerdem hoffe ich inständig, dass der große Straßentheatertag im Deutsch-Französischen Garten diesmal nicht - wie vor zwei Jahren - dem großen Regen zum Opfer fallen wird.

Wenn Sie einfach träumen dürften ohne Rücksicht auf Machbarkeiten: Welchen kulturellen Wunsch würden Sie sich gern noch erfüllen?

Marion Künster: Ein Straßentheaterfestival, bei dem ich einmal nicht von den Unwägbarkeiten des Wetters abhängig bin . . .

Charlie Bick: Ehrlich gesagt, ich habe eigentlich keinen wirklichen Wunsch, den ich mir in Sachen Straßentheater noch erfüllen möchte. Wir arbeiten mit dem Festival tête-à-tête in Rastatt seit 20 Jahren nahe an der Utopie. Dort gelingt es uns immer wieder, die ganze Stadt für die Dauer eines Festivals mit dem Theatervirus zu infizieren. Mehr brauche ich nicht, um straßentheatermäßig glücklich zu sein.

 „Coloro“ von StageTV ist einer der Favoriten von Charlie Bick und am 20. Juli am Alten Schloss in Dillingen zu sehen. Foto: Coloro

„Coloro“ von StageTV ist einer der Favoriten von Charlie Bick und am 20. Juli am Alten Schloss in Dillingen zu sehen. Foto: Coloro

Foto: Coloro

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Auf einen BlickDie Sommer Szene eröffnet am morgigen Mittwoch. Bereits um 17.30 Uhr spielt die Fanfare en Pétard auf dem St. Johanner Markt. Um 21.15 Uhr zieht sie zum Schlossplatz weiter. Hier präsentiert um 22 Uhr die Straßburger Gruppe Luc Amoros ihr Spektakel "Page Blanche". Das gesamte Sommer-Szene-Programm findet man im Internet unter www.sommerszene.de

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