Der Sportunterricht hat sich stark gewandelt
Saarbrücken. Wenn man die Jugendlichen des frühen 20. Jahrhunderts über ihren Sportunterricht befragt, stellt man mit Schrecken fest, dass manche Kinder auf Grund des Zweiten Weltkrieges gar keinen Sport in der Schule hatten
Saarbrücken. Wenn man die Jugendlichen des frühen 20. Jahrhunderts über ihren Sportunterricht befragt, stellt man mit Schrecken fest, dass manche Kinder auf Grund des Zweiten Weltkrieges gar keinen Sport in der Schule hatten. Diejenigen, die den geschlechterspezifischen Unterricht besuchten, erzählten, dass die Jungen mit schweißtreibendem und strengem Unterricht meist bei Leichtathletik, Fußball und Schwimmtraining "gedrillt" worden sind, wie es mehrere Befragte ausdrückten.
Des Weiteren erklärten sie, dass der Sportunterricht eigentlich nur zur Vorbereitung auf die Wehrmacht galt und teilweise von Offizieren, die mit Gewalt vorgingen, unterrichtet wurde.
Obwohl es bei den Damen nicht so anstrengend war wie bei den Männern, ging es beim Lernen von Volkstänzen und Völkerballspielen auch streng zu. Beide Gruppen haben aber trotzdem auch gute Erinnerungen an ihren Schulsport. Dies bestätigte Manfred Landsberger (68): "Ja, es war super!"
Wenn man aber in letzter Zeit die Klasse 8b2 des Gymnasiums am Rotenbühl im Sportunterricht besucht, sieht der Sportunterricht ganz anders aus: Dort springen viele Mädchen und Jungen gemeinsam begeistert über Kästen und andere Hindernisse oder hangeln an Basketballkörben, während aus Lautsprecherboxen laute, coole Hip-Hop-Musik schallt.
Sie trainieren gerade "Le Parkour", eine französische, recht moderne Sportart, bei der man so schnell wie möglich von einem Punkt zu einem anderen kommen will. Dabei müssen die Traceure, in diesem Fall die Schüler, mit Hilfe verschiedener Techniken alle blockierenden Hindernisse, genannt Spots, möglichst effizient überqueren. Im Sportunterricht lernen die Schüler von ihrem, auch von dieser Sportart begeisterten Referendar Herrn Reiter, diese Techniken kennen. Eine davon ist der Tic Tac, bei dem man durch Abstützen eines Fußes an einer Mauer über einen Spot springt.
Herr Reiter berichtete in einem Interview über die nicht im Lehrplan vorgesehene Unterrichtseinheit "Le Parkour": Ich muss bald mein zweites Staatsexamen über ein möglichst ausgefallenes Thema schreiben und habe Parkour privat in Frankreich kennengelernt. Da dachte ich mir, das wäre doch mal etwas, den Schülern das Thema Turnen mal auf eine andere Art und Weise nahe zu bringen. Da es dies vorher noch nie gegeben hat, war es ein Experiment, bei dem niemand wusste, wie es ausgehen wird."
Und wie ist es bei den Schülern angekommen? Herr Reiter berichtet Positives: "Ich würde sagen sehr gut, da sie mit viel Freude dabei waren und ich es noch nie erlebt habe, dass Schüler 20 Minuten ihrer Pause opfern, um schon mal ihren Parkour aufbauen zu können. Also ich finde, es ist eine tolle Sache!"
Zusätzlich gab es positive Aspekte, die über den Sportunterricht hinausgingen:
"Die Klassengemeinschaft ist durch die Gruppenarbeit und dadurch, dass die Schüler sich gegenseitig bewerten sollten, enger geworden. Das war eigentlich nicht direkt geplant. Außerdem kam die Idee bei den anderen Kollegen sehr gut an, so dass ich jetzt sogar ein Seminar für andere Lehrer über Parkour halten soll."
Laura Müller, Maike Kumstel, Patrick McLaren, Gymnasium am Rotenbühl