Der Schock sitzt tief

Saarbrücken · Die Menschen in Saarbrücken zeigen ihre Trauer und Solidarität mit den Opfern in Paris auf vielerlei Art. Ein Blick auf Saarbrücken an den zwei Tagen nach den Terroranschlägen, die Europa erschüttern.

Die Stadt scheint stiller als an anderen Samstagen. Auf dem Wochenmarkt am Ludwigsplatz ist um 11 Uhr, sonst Haupteinkaufszeit, nicht viel los. Die Kunden seien, sagt eine junge Frau am Gemüsestand, sehr viel früher gekommen. Viele waren schon um 8 Uhr da. Einige sind nur an den Ludwigsplatz gekommen, um Kerzen aufzustellen oder Blumen niederzulegen, denn hier hat das französische Generalkonsulat seinen Sitz. Vielleicht ist die Bestürzung an Saarbrückens zentralem Platz auch deshalb besonders groß. Einer der Marktfrauen kommen die Tränen, während sie über das "Unfassbare" spricht.
Mitgefühl mit den Opfern

Sebastien Pell bringt am Sonntag ein Schild mit der Aufschrift "Paris je t'aime" an einem Fenster am Konsulat an. Pell hat selbst 20 Jahre in Paris gelebt. Er kennt die Ecken, an denen die Anschläge stattfanden, sehr gut. Der Franzose, der seit 26 Jahren in Saarbrücken lebt, ist von dem Terror erschüttert. Er hat noch Familienangehörige in Paris. Sie seien aber alle wohlauf, erklärt Pell. Nicole Schuligen stellt gemeinsam mit Sohn Niklas eine Kerze an einem Fenster des Generalkonsulats auf. "Man fühlt sich hilflos, betroffen, hat das Gefühl, unsere Freiheit sei bedroht. Die Menschen in Paris tun mir sehr leid", erklärt die junge Mutter.

Auch bei Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz sitzt der Schock über die Terroranschläge tief: "Ich empfinde tiefe Trauer . In Gedanken bin ich bei den Opfern und ihren Angehörigen, mit dem Herzen bin ich auch bei unseren französischen Freunden." Britz sagt auch: "Frankreich, das Saarland und Saarbrücken sind die besten Beispiele dafür, dass es gelingen kann, Grenzen zu überwinden. Bei uns zeigen Menschen verschiedener Ethnien , Nationalitäten und Religionen, dass sie gut miteinander leben können."

Und das Leben scheint zumindest am Grenzübergang Hanweiler-Saargemünd am Samstag um 13 Uhr seinen gewohnten Gang zu gehen. Keine Kontrollen, kein Grenzposten, keine Polizei . Entgegen der Erwartung ein Tag wie jeder andere auch, mit viel Verkehr in beide Richtungen. Französische Familien fahren zum Einkaufen nach Deutschland, auf der anderen Seite die Heimkehrer. Um 18.15 Uhr das gleiche Phänomen. Keine Kontrollen, nicht mal stichprobenartig. Die zuständige Pressestelle der Bundespolizei in Potsdam bestätigte: "Nicht jeder Übergang wird kontrolliert."

Auch am Saarbrücker Eurobahnhof geht der Alltag weiter. Bei den Passagieren des ICE 9554 am Sonntag nach Paris sind die Terroranschläge aber allgegenwärtig. "Ich besuche einen Freund in Paris und habe mich beim Auswärtigen Amt informiert. Direkt nach der Ankunft in Paris soll man öffentliche Plätze meiden. Ich weiß noch nicht, ob ich in Paris mit der U-Bahn fahre. Es ist schon ein komisches Gefühl", sagt eine Frau, die wie alle befragten Passagiere ihren Namen nicht nennen wollte.

Ein mulmiges Gefühl bleibt

 Warten am Sonntag auf den ICE nach Paris: Viele Reisende steigen mit einem mulmigen Gefühl in den Zug. Foto: Heiko Lehmann

Warten am Sonntag auf den ICE nach Paris: Viele Reisende steigen mit einem mulmigen Gefühl in den Zug. Foto: Heiko Lehmann

Foto: Heiko Lehmann

"Ich arbeite in Paris und muss diesen Zug nehmen. Angst habe ich keine, ich gehe die Sache normal an. Paris ist groß", sagt ein Mann, ähnlich wie ein junger Franzose, der in Paris studiert. "Ich habe keine andere Wahl, am Montag muss ich zur Uni. Es ist schrecklich, was am vergangenen Freitag passiert ist, aber das Leben muss nun mal weiter gehen." Während Männer eher gelassen in den Zug stiegen, waren die weiblichen Passagiere eher verängstigt. "Ich arbeite in Paris 20 Kilometer von den Tatorten entfernt. Irgendwie hat man das alles noch im Kopf und noch nicht verarbeitet. Mir ist schon etwas mulmig", sagte eine andere Frau, bevor sie in den ICE steigt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort