Der Prüfer kommt inkognito
Saarbrücken · Was macht eigentlich der Pflegebeauftragte des Saarlandes? Das wollten die Mitglieder des SZ-Ältestenrates wissen. Und erfuhren: Jürgen Bender kontrolliert nicht nur, ob die Pflege in Krankenhäusern in Ordnung ist. Er hilft sogar bestohlenen Heimbewohnern.
Mehr als 20 Minuten habe die Heimbewohnerin geschrien, bis jemand gekommen sei. Die Mitglieder des SZ-Ältestenrates hängen an den Lippen von Jürgen Bender, als er am Montagnachmittag von seiner Arbeit erzählt. Der ehemalige Präsident des Landessozialgerichts ist seit 2013 ehrenamtlicher Pflegebeauftragter des Saarlandes.
In dieser Rolle, erzählt Bender, besuche er schon mal "ohne Schlips und Kragen" saarländische Heime. Und vor allem unangemeldet und inkognito. Vieles sei ihm da positiv aufgefallen: Mittlerweile würden immer mehr junge Saarländer zu Altenpflegern ausgebildet. Auch mache sich das Land für weniger Bürokratie in den Heimen stark. Doch Bender hat auch einiges zu kritisieren. Die schreiende Bewohnerin, die ihm bei der Kontrolle eines Saarbrücker Heims begegnet, sei kein Einzelfall. Schwierige Heimbewohner und Angehörige gebe es hierzulande nun mal viele. Das Personal sei oft nicht geschult, wie es damit umgehen soll, so Benders Eindruck. "Oft ist die Pforte nicht besetzt", merkt Bender kritisch an. Dann kann ja jeder ungehindert in Heimen rumstöbern. In seiner Funktion als ehrenamtlicher Pflegebeauftragter darf er das zwar. Heimfremden sollte das aber wohl besser nicht möglich sein.
Die Landesregierung hatte Benders Ehrenamt 2013 eingerichtet, weil ein Heim in Spiesen-Elversberg 2012 wegen schwerer Pflege-Missstände bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte. Seitdem legt er sich mächtig ins Zeug. Rund 300 Einzelfälle habe er seit Dienstbeginn im Mai 2013 schon bearbeitet. Bender ist im Saarland weisungsunabhängiger Ansprechpartner rund um das Thema Pflege. Allein im Regionalverband Saarbrücken vertritt er unter anderem die Interessen von 9845 Pflegebedürftigen.
Wie sich ältere Menschen in Seniorenheimen gegen Diebstahl sichern können, wollen die Mitglieder des Ältestenrates von ihm wissen. "Sie müssen die Wertsachen direkt zum Eintritt von der Heimleitung notieren lassen", rät Bender. "Fragen Sie auch nach Möglichkeiten, sie wegzuschließen." Liege nämlich eine grobe Fahrlässigkeit vor, hafte das Heim. Er habe in mehreren Fällen für bestohlene Heimbewohner einen Vergleich mit der Heimleitung herausgeschlagen. Auch einen weiteren Erfolg habe er zu vermelden: Einige Heime im Saarland würden derzeit hier ihre Richtlinien zum Schutz vor Diebstählen überarbeiten.
Benders Eindrücke aus den Heimen wühlen auf. "Wie soll man darauf reagieren?", will Ältestenrat-Mitglied Anna-Luise Hossfeld-Umlauf wissen. "Sind die teuren Heime wenigstens besser?" Bender bejaht das. Aber: Fehler gebe es auch in den teuren Häusern. Welche Probleme es speziell in Saarbrücken gebe, will jemand wissen. "Hier werden die Bewohner oft ungefragt geduzt - das geht nicht", antwortet der Pflegebeauftragte.
Bender vermittelt außerdem bei Problemen in der ambulanten Pflege und in Krankenhäusern. Bei der Pflege zu Hause gebe es ebenso schwarze Schafe, sagt er. Seine Erkenntnisse hätten hier in einem Fall sogar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bewirkt. Da diese noch liefen, dürfe er Details nicht nennen. "Mich haben die schlechte Besetzung und die fehlenden Kontrollen im Krankenhaus überrascht", sagt Ältestenrat-Mitglied Ulla Karch, die ihren Mann vier Jahre lang in einem Saarbrücker Krankenhaus besucht habe. Bender sagt, er werbe nicht zuletzt bei den Krankenkassen um mehr Geld für die Pflege. Zum Schluss verteilt der Pflegebeauftragte Visitenkarten. Keine Einzige bleibt übrig.
Kontakt zum Saarländischen Pflegebeauftragten: Mails an:
geschaeftsstelle.
pflegebeauftragter@
soziales.saarland.de, Tel. (06 81) 501 32 97
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Auf einen BlickDer SZ-Ältestenrat diskutiert seit 1998 mit wechselnden Gästen für die SZ-Stadtredaktion Alltagsdinge, die ältere Menschen umtreiben.An der jüngsten Sitzung des Ältestenrates haben teilgenommen: Rüdiger Kaldewey, Rentner und Sprecher des Gremiums. Dieter Bost, Ruth Budich, Günther Ersfeld, Manfred Fuhrmann , Anna-Luise Hossfeld-Umlauf, Ulla Karch, Anneliese Mathis, Hildegard Redicker, Walter Schaz, Inge Schwarz und Marita Moser. rob