Der Neue als Menschenfeind

Saarbrücken. Hätte man sich so Molières Alceste vorgestellt? Den Misanthropen, der in jedem Kompliment die Lüge sieht? Den moralischen Eiferer, der den Jahrmarkt der Eitelkeiten um sich herum nicht erträgt und jedem bedingungslose Aufrichtigkeit abverlangt? Jungenhaft, schlaksig wirkt Georg Mitterstieler, wie er so auf der Eckbank in der Staatstheaterkantine sitzt

Saarbrücken. Hätte man sich so Molières Alceste vorgestellt? Den Misanthropen, der in jedem Kompliment die Lüge sieht? Den moralischen Eiferer, der den Jahrmarkt der Eitelkeiten um sich herum nicht erträgt und jedem bedingungslose Aufrichtigkeit abverlangt? Jungenhaft, schlaksig wirkt Georg Mitterstieler, wie er so auf der Eckbank in der Staatstheaterkantine sitzt. Schwarzes Brillengestell, halblange leicht zerzauste Haare. Wie auf dem Sprung zu, sagen wir mal: Dreharbeiten mit Leander Haußmann über junge Metropolenmenschen. Dabei ist er schon Vater eines 17-jährigen Sohnes und 40 - nur zwei Jahre jünger als Molière, als der 1666 selbst als Alceste in seiner Komödie auf der Bühne stand. Eifernd? Wenn man Mitterstieler zu seiner Rolle fragt, für die ihn Dagmar Schlingmann jetzt als festes Mitglied ins Saarbrücker Ensemble holte, nimmt er sich Zeit. Nur nichts Übereiltes sagen! "Ich bin nicht so wortgewandt." Menschenfeind? "Ich kann vieles unterschreiben, was er sagt. Er ist konsequent." Ob das eine Tugend sei? "Das überlasse ich den Zuschauern. Aber ich mag ihn, denn er ist nicht kalt, kein Bürokrat." Nicht so einfach, über eine Rolle zu reden, zu der man noch keinen Abstand hat. Ganz anders, wenn Mitterstieler von damals erzählt, von der Menschenfeind-Inszenierung auf der Schauspielschule in Salzburg, als er den Diener spielte, von dem verrückten russischen Regisseur, der bis 4 Uhr in den Früh mit ihnen probte und Sänften orderte, die keiner heben konnte. Da taut der gebürtige Berner auf, redet mit Tempo, lässt das Temperament vorscheinen, das es braucht für den Kraftkerl Baal, für den wütenden Jimmy Porter aus Blick zurück im Zorn. Nur zwei von all den Hauptrollen, die Schlingmann ihm schon anvertraute. Von seinem ersten Engagement an der Jugendbühne des Landestheaters Linz hatte sie ihn "rübergeholt" ins große Theater, zusammen mit Nina Schopka und 2001 mitgenommen nach Konstanz. Als Mitterstieler 2006 von dort als Freier nach Berlin wechselte, engagierte Schlingmann ihn als Gastschauspieler für "Brassed off!", den "Biberpelz" und "Unter Eis". Jetzt ist er gekommen, um zu bleiben. Und freut sich, viele Konstanzer Kollegen wiederzufinden. Der Menschenfeind, Regie: Dagmar Schlingmann, Premiere: 13. September, 19.30 Uhr, Alte Feuerwache, Karten unter Tel. (06 81) 30 92 - 4 86.

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