Der letzte Gang ins Canossa

Saarbrücken. An diesem Samstagabend verabschiedet sich der langjährige Betreiber des Canossa, Stefan Emrich, mit einer Riesenparty. DJ Afshin lässt unter dem Motto "A tribute to Charly Hirschmann" die Geschichte des Canossa in einer musikalischen Revue passieren

 DJ Afshin (rechts), auf unserem Archivfoto mit DJ Sebi, legt seit rund sieben Jahren die Platten im Canossa auf. Auch bei der Abschiedsparty am Samstag ist er im Einsatz. Foto: Becker&Bredel

DJ Afshin (rechts), auf unserem Archivfoto mit DJ Sebi, legt seit rund sieben Jahren die Platten im Canossa auf. Auch bei der Abschiedsparty am Samstag ist er im Einsatz. Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken. An diesem Samstagabend verabschiedet sich der langjährige Betreiber des Canossa, Stefan Emrich, mit einer Riesenparty. DJ Afshin lässt unter dem Motto "A tribute to Charly Hirschmann" die Geschichte des Canossa in einer musikalischen Revue passieren. 37 Jahre lang waren die Disko-Abende auf dem Campus für ganze Generationen von Studenten ein Muss: Man ging einfach hin, und das jede(r) - vor allem dienstags. Man flirtete, baggerte an, tanzte und trank - vor allem Bier.

Das Canossa war Kult, sein Erfolg ist und bleibt ein Geheimnis. Ende dieses Jahres ist Schluss - vorerst wenigstens.

Ein "Belastungsmosaik", so Emrich, habe zu dieser Entscheidung geführt. Die starke Konkurrenz von angesagten Clubs in der City, die lange Bauzeit im Einzugsbereich des Canossa, fehlende Parkplätze, verschlammte Wege und schließlich auch das Rauchverbot haben zum Aus für das Canossa beigetragen. "Das Canossa war nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben", fasst Emrich zusammen.

An die Anfänge erinnert sich eine ehemalige Studentin: "Dienstags gingen wir immer ins Unikino, und anschließend gab es Disko im Ausländerclub." Dort ging es eher ruhig zu. Das änderte sich schlagartig, als sich einer der zahlreichen Handwerker der Uni zum Diskjockey berufen fühlte.

"Karl-Heinz Hirschmann war ein Original mit seinen lang wallenden Haaren und seinen Glubschaugen", entsinnt sich die Dame an diese "lustige Zeit". Als Hirschmann wenig später in die bereits existierende Gaststätte "Canossa" umzog, folgte ihm seine Fangemeinde. Das war 1971, und fortan war dienstags Canossa-Tag.

Ende der 70er Jahre endete die Ära Hirschmann erst einmal. Die damaligen Betreiber, Besitzer ist das Studentenwerk, trennten sich von Charly. Warum genau, das weiß auch Stefan Emrich nicht, der das ziemlich heruntergekommene Canossa 1986 übernahm. Emrich, der zuvor schon die Uni-Konzerte, unter anderem mit Gruppen wie BAP und Depeche Mode organisiert hatte, brachte den Laden mit einer konsequenten Linie wieder auf Vordermann.

Die Türsteher ließen fortan nur noch Studenten rein, von denen jeder einen Nicht-Studenten mitbringen durfte. Und Emrich holte Hirschmann als DJ wieder ins Canossa, das bis 1991 "Le Métro" hieß. Benutzt hat diesen Namen aber niemand. Als der Namensschutz auslief, durfte das Canossa auch offiziell wieder Canossa heißen. "Um 21 Uhr ging die Musik los, und spätestens um halb elf brummte der Laden", erinnert sich Emrich. Im Sommer wurde draußen gegrillt.

Ende der 90er wurde die Dienstags-Disko eingestellt, Konkurrenzveranstaltungen wie die "Fish-Party" von DJ Fonz zogen Leute ab. Aber vor allem freitags war noch jede Menge los. "Dass das Canossa eine ganz normale Gaststätte ist, haben die Leute nie kapiert", bedauert Emrich. "Die meisten denken, es ist eine Diskothek. Dabei hatten wir die ganze Woche von morgens 10 Uhr bis Mitternacht geöffnet." Für viele war die Zwölf-Meter-Theke eine Alternative zur Mensa: Dort ließen sich auch Mitarbeiter der Uni vor allem das legendäre Chili con carne oder eine scharfe Pizza schmecken. Einen Grund zu trauern gibt es aber (noch) nicht. An diesem Samstag wird erst mal richtig gefeiert. Mit der Abschiedsdisko will man auch Karl-Heinz "Charly" Hirschmann ehren, den Mann, der die Erfolgsgeschichte des Canossa begründet hat. Im November 2006 ist "Charly" gestorben.

Das Canossa aber wird wohl nach einer Pause wieder seine Pforten öffnen. Ein neuer Pächter scheint bereits gefunden; und schon im kommenden Februar sollen die Verhandlungen zum Abschluss gebracht werden.

 Stefan Emrich war lange der "Chef" des Canossa. Jetzt hört er auf. Foto: Bellhäuser

Stefan Emrich war lange der "Chef" des Canossa. Jetzt hört er auf. Foto: Bellhäuser

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