Der Krach soll erst später losgehen

Saarbrücken · Im Bezirksrat Mitte ging es in der jüngsten Sitzung mehrfach um Krach. Krach von Kneipenbesuchern und Kehrmaschinen, Krach von der Autobahn und den Krach, der im Lärmaktionsplan beschrieben wird. Geräuscharm wurde festgestellt: Minderung ist nicht leicht.

 Bewohner des Nauwieser Viertels wünschen sich, dass sie später kommen – die Müllautos und Kehrmaschinen des ZKE. Foto: ZKE

Bewohner des Nauwieser Viertels wünschen sich, dass sie später kommen – die Müllautos und Kehrmaschinen des ZKE. Foto: ZKE

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Die Kehrmaschinen und Müllautos des kommunalen Entsorgers ZKE machen im Nauwieser Viertel zur Unzeit Lärm, nämlich viel zu früh. Sie sollen erst ab acht Uhr anfangen, so lauten Feststellung und Forderung der SPD , die im Bezirksrat Mitte einen entsprechenden Antrag einbrachte und (bis auf die CDU ) eine Mehrheit dafür fand.

Bereits in der letzten Bezirksratssitzung hatte der ZKE zu erklären versucht, dass die Maschinen so früh (ab 6 Uhr) zum Einsatz kämen, um vor dem Berufs- und Lieferverkehr alles sauber zu bekommen. Wenn das Viertel erst voller Liefer-Lkw und parkender Pkw sei, könne man nicht mehr ordentlich kehren. Die SPD erwidert, dass die Lärmbelastung aufgrund der hohen Gastronomiedichte für die Bewohner "stellenweise kaum erträglich" sei. Auch wochentags hätten die Wirtschaften bis vier Uhr morgens offen, die Lärmbelastungen lägen bei unzumutbaren 90 Dezibel.

Kaum sei zwei Stunden Ruhe, rückten die Kehrmaschinen mit gemessenen 92 Dezibel an. Der ZKE sei daher zu bitten, die ohnehin geplagten Bewohner des Nauwieser Viertels zu schonen und seine Kehr- und Leerungspläne zu ändern. Außerdem solle der ZKE generell auf den Prüfstand stellen, wie viel Krach seine Maschinen machen und ob das jeweils im Einklang mit den Schutzvorschriften für die Wohnbevölkerung steht. Die Sozialdemokraten beriefen sich auch auf die "Initiative Nauwieser Viertel", die das Anliegen an die Partei herangetragen habe.

Auch im seit 2010 laufenden Bebauungsplanverfahren Nauwieser Viertel spielt der Lärm eine große Rolle. Wie Klaus Bried vom Planungsamt berichtete, sind die von Besuchern auf öffentlichen Flächen verursachten Geräusche ermittelt und - per Simulation - beurteilt worden, und zwar was ihre Wirkung auf die Wohnhäuser betrifft. Die Beschwerden über Lärm konzentrieren sich nach Feststellung von Fachamt und Polizei auf zwei Bereiche: die Einmündung Cecilienstraße/Nauwieserstraße/Kurze Straße sowie den Abschnitt im Bereich der Blumenstraße 10. Nicht überraschendes Ergebnis der Untersuchung: Nachts ist es an beiden Orten zu laut für die Wohnnutzung. Als Konsequenz wird vorgeschlagen, die Gastronomie im heutigen Bestand zu erhalten, aber keine Neuansiedlungen zuzulassen. Außerdem soll in den Häusern mit besonderer Belastung im Erdgeschoss und im ersten Stock keine Wohnnutzung vorgesehen werden.

Mit großem Interesse folgte der Bezirksrat auch den Ausführungen von Thomas Bouillon vom Amt für Klima- und Umweltschutz über den gerade entstehenden Lärmaktionsplan für Saarbrücken - nach seinen Worten eine "Pflichtaufgabe" für alle Kommunen. Er enthalte viele Empfehlungen, unterliege aber dem Finanzierungsvorbehalt.

Seine Inhalte seien von den Bürgern auch nicht einklagbar. Um Lärm in den besonders lauten Straßenabschnitten zu senken, sind nach Auffassung der Experten vor allem "lärmoptimierter Asphalt" und Tempo 30 geeignet.

Bei allem Respekt für die Fleißarbeit regte sich in allen politischen Lagern Skepsis, ob der Lärmaktionsplan die wirklich wichtigen Dinge alle benennt und anpackt. So wies Andrea Schrickel (Grüne) darauf hin, dass die Autobahnen , deren Lärm von vielen als besonders störend empfunden wird, nicht in dem Plan vorkommen. Begründung: Da wohne ja keiner. Hermann-Josef Anton (CDU ) wunderte sich, dass die "Verstetigung" des Verkehrs durch grüne Wellen, gern auch mit Tempo 50 statt 30, an Ampeln nicht als Lösungsansatz im Plan enthalten sei. Und überhaupt: Wieso verstetige man den Verkehr nicht hier und jetzt schon? Bernd Eichenseer (SPD ) fragte, ob die in Saarbrücken vorhandene Technik überhaupt in der Lage sei, solche Schaltungen zu ermöglichen. Amtsleiter Christian Bersin bejahte, gab aber zu bedenken, dass solch ein Eingriff "keine triviale Sache" sei, sondern stets das große Ganze bedacht werden müsse.

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