Der kleine Leonhard hat überlebt

Saarbrücken · Der kleine Leonhard stürzte von einer 30 Zentimeter hohen Turnbank so unglücklich, dass er eine schwere Kopfverletzung erlitt. Per Hubschrauber kam er auf den Winterberg. Die Spezialisten dort konnten helfen.

 Der kleine Leonhard beim Nachsorge-Termin mit (v.l.) Oberarzt Sebastian Thomas, Vater Brian Scholl, Mutter Nadja Baumann und Oberarzt Dr. Bernhard Geisbüsch. Foto: Irmtraut Müller-Hippchen

Der kleine Leonhard beim Nachsorge-Termin mit (v.l.) Oberarzt Sebastian Thomas, Vater Brian Scholl, Mutter Nadja Baumann und Oberarzt Dr. Bernhard Geisbüsch. Foto: Irmtraut Müller-Hippchen

Foto: Irmtraut Müller-Hippchen

Aufgeweckt und gut gelaunt marschiert der zweieinhalbjährige Leonhard Baumann zur Nachuntersuchung ins Untersuchungszimmer der Klinik für Neurochirurgie des Klinikums Saarbrücken und streckt freudig den Ärzten seine Hand zum Gruß entgegen. Nichts außer dem Kopfschutz erinnert mehr daran, dass er vor gut einem Jahr nach einem Sturz eine schwere Kopfverletzung davon getragen hat, tagelang auf der Kinderintensivstation im Koma lag und um sein Leben kämpfte.

Und das kam so: Leonhard, gerade 18 Monate alt, sollte im Kindergarten in St. Ingbert-Hassel zusammen mit seinem großen Bruder fotografiert werden. Um sich die Zeit bis zum Fotoshooting zu vertreiben, kletterte er auf eine 30 Zentimeter hohe Turnbank und stürzte dabei so unglücklich auf den Kopf, dass er augenblicklich nicht mehr ansprechbar war.

Nadja Baumann erinnert sich: "Ich war geschockt, konnte in diesem Moment keinen klaren Gedanken fassen." Die Erzieher reagierten sofort und riefen über die Notrufnummer 112 den Rettungsdienst. Innerhalb von ein paar Minuten war der Rettungshubschrauber vor Ort. Er brachte Leonhard auf den Winterberg ins Klinikum Saarbrücken .

Der Junge hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Und sein Gehirn war so stark angeschwollen, dass die Ärzte ihm ein etwa 20 Quadratzentimeter großes Stück der Schädeldecke entfernen mussten, um den Blutfluss im Gehirn weiter zu gewährleisten. Anschließend wurde der kleine Mann für 12 Tage ins künstliche Koma versetzt, damit der Bluterguss ungestört abschwellen konnte. Dann wurde die Schädeldecke wieder eingesetzt.

Danach kam Leonhard in eine Reha-Klinik, immer begleitet von den Eltern. Dort erholte er sich auch zunächst, doch dann gab es Komplikationen - und die Familie kehrte zurück nach Saarbrücken ins Klinikum. Dort musste die implantierte eigene Schädeldecke wieder entfernt werden. Stattdessen bekam Leonhard ein künstliches Implantat, das in Italien teils computertechnisch, teils in Handarbeit eigens für ihn hergestellt wurde. Es ist aus einem Material, das im Laufe der Zeit abgebaut und durch Knochen ersetzt wird, das also mit dem Kopf mitwächst.

Vier Wochen nach der Implantation der neuen Schädelplatte aus Italien sind die Ärzte mit ihrem kleinen Patienten überaus zufrieden. Obgleich die linke Gehirnhälfte durch den Sturz schwere Schäden davongetragen hat, sind die Mediziner zuversichtlich, dass sich Leonhard normal entwickeln wird. "Unser Gehirn ist zum Glück so beschaffen, dass andere Areale die Arbeit übernehmen können", erklärt Oberarzt Dr. Bernhard Geisbüsch.

Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte der Kleine noch nicht gesprochen, jetzt lernt er reden wie jeder Zweieinhalbjährige. Irgendwann wird er auch wieder ohne Kopfschutz toben können.

Nur beim Fahrrad- und Skifahren sollte er auf jeden Fall immer einen Helm tragen. Solange sich der Kopf des kleinen Leonhard im Wachstum befindet, werden Leonhard und seine Eltern regelmäßig zur Nachuntersuchung ins Klinikum kommen.

Laut Statistik erleiden in Deutschland täglich rund 200 Kinder und Jugendliche ein Schädel-Hirn-Trauma. Davon verheilen mehr als 90 Prozent ohne Schäden, doch ein Kind pro Tag stirbt an den Folgen. Das teilt das Klinikum Saarbrücken mit.

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